Schwangerschaft

Aus einem Hausmittelbuch um 1900:


"Durch die Schwangerschaft erreicht das Weib seinen vollständige Ausbildung, ist ihr zu ihrem Wohlbefinden nothwendig und keine Krankheit, doch wird sei bei nervösen blutarmen Frauen, welche schon kränkelnd in die Ehe getreten, Unpäßlichkeiten und Krankheiten hervorrufen. Wir wollen aber hier vor allen Dingen den Frauen die Furcht nehmen, als müßten sie durch die Schwangerschaft Einbuße an Gesundheit und Leben nehmen, wir wollen ihnen aufrichtig zeigen, wie Krankheiten, welche Schwangerschaften begleiten, vermieden werden und aufgehoben werden können.

Die meisten Schädlichkeiten werden den Schwangeren von außen, ihrer Umgebung, wohl gar von ihren Männern zugefügt, welche, ihre Frauen anstatt zu schonen, rücksichtslos behandeln, dazu gehört vor allen Dingen das Zwingen zum Geschlechts-Genuß, die Folgen davon sind die sogenannten Aderbeine, frühe Geburt, Muttervorfall, weiße Fluß etc."

Man wußte in der Kaiserzeit sehr wenig über die Vorgänge im Mutterleib. Eine kausale Behandlung von Schwangerschaftserkrankungen und Infektionen war noch nicht möglich. Dies führte zu einer für heutige Verhältnisse hohen Mütter- und Kindersterblichkeit. Allein das Kindbettfieber hat viele Frauen das Leben gekostet. Die Sterblichkeit bei Kaiserschnitten lag sogar bei 80 %.

Damals wie heute gilt der Satz: Schwangerschaft ist ein natürlicher Vorgang und keine Krankheit. Der damalige Trend, Schwangere weitgehend zu schonen war durchaus mit gesundheitlichen Nachteilen verbunden. Bewegung ist bekanntlich gesund, auch für Schwangere. Das Wochenbett, das mit einer Inaktivierung der Frauen verbunden war, hat die Rate an Thrombosen und tödlichen Lungenembolien in die Höhe getrieben. Gänzlich abwegig war der Verzicht auf Geschlechts-Genüsse, die erwiesenermaßen keine negativen Auswirkungen auf die normale Schwangerschaft haben. Lediglich bei Blutungen oder vorzeitiger Muttermundseröffnung ist Zurückhaltung angebracht.