,,Gaudeamus Igitur" und ,,alte Burschenherrlichkeit"
-Schlagende Studentenverbindungen im Deutschen Kaiserreich-
Deutsche Burschenschaft
,,Die Burschenschaft an den Universitäten des späteren Deutschen Reiches bot zu Beginn der fünfziger Jahre ein wenig erfreuliches Bild. Tiefer Zwiespalt, der durch die Nachwirkungen des Progresses - einer burschenschaftlichen Reformbewegung - gegensätzliche politische und hochschulpolitische Ansichten, vor allem durch die Meinungsverschiedenheiten über die Genugtuung mit der Waffe hervorgerufen war, kennzeichnete sie. Die progressistischen Verbindungen, die damals noch in der Mehrheit waren, gründeten im August 1850 in Eisenach die "Allgemeine Burschenschaft", der zeitweise 15 Verbindungen angehörten. Sie sprach dem Duell die ehrenreinigende Kraft ab, verbot den Zweikampf unter Mitgliedern des Verbandes und verlangte vaterländisch-politische Ausbildung, Eintreten für akademische Gleichberechtigung und die Gründung von allgemeinen Studentenschaften zur Bildung studentischer Ehrengerichte - am 31. Mai 1852 löste sich der Verband auf.
Ihm geistig verwandt, aber aus anderen burschenschaftlichen Gruppen zusammengesetzt, war das um 1855 entstandene germanistische oder "Norddeutsche Kartell", das freilich dem Progreß wesentlich kritischer begegnete und in seiner Blütezeit neun vorwiegend nord- und mitteldeutsche Burschenschaften umfaßte und dem später vorübergehend auch einige Burschenschaften aus Österreich angehörten. Das Kartell, das sich als "Bund deutsch-demokratischer Burschenschaften" bezeichnete, strebte eine Einigung Deutschlands auf demokratischer Grundlage an. Als Erziehungsmittel für die Mitglieder des Kartells sollten die eifrig betriebenen "politisch-wissenschaftlichen Kränzchen" dienen, deren Protokolle man austauschte. Von 1861 bis 1866 gab das Kartell sogar eine eigene, gut geleitete Zeitschrift, die "Akademische Zeitung", heraus. Man hielt enge Fühlung mit dem bürgerlichen Liberalismus, forderte die Mitglieder zum Eintritt in Turner-, Sänger- und Schützenvereine auf, die damals eine erhebliche politische Bedeutung hatten, und verlangte eine lebendige Anteilnahme am politischen Leben im Sinne des Deutschen Nationalvereins und der liberalen preußischen Fortschrittspartei. Das politische Schwanken zwischen groß- und kleindeutscher Einstellung - mit oder ohne Österreich - förderte die 1866 beginnende Zersetzung des Kartells, die im Jahre 1872 zur Auflösung führte. Die bewußte Pflege der vaterländisch-politischen Ausbildung, die später Gemeingut der gesamten Burschenschaft wurde, ist das bleibende Verdienst dieses Kartells.
Den Charakter einer Gegenpartei zu diesem "links"-gerichteten burschenschaftlichen Kreis trugen das 1861 gegründete "Süddeutsche Kartell" und das sich etwa gleichzeitig bildende "Rote Kartell", auch "Kartell der Exklusiven" genannt, der Vorgänger des "Roten Verbands". Beide Kartelle vertraten sehr entschieden studentisch-konservative Bestrebungen, wenn auch mit Unterschieden, stellten strenge sittliche Forderungen, zeitweise in der Form des Keuschheitsprinzips, auf und gaben waffenstudentischen Zielen den Vorrang vor der politischen Erziehungsarbeit. An den scharfen Auseinandersetzungen zwischen diesen beiden Gruppen, die bis in die siebziger Jahre hinein dauerten, scheiterte lange die Zusammenführung der burschenschaftlichen Kräfte. An der Gründung des "Eisenacher Burschenbundes" im Mai 1864, an dem sich 22 Burschenschaften beteiligten, nahmen Süddeutsches und Rotes Kartell keinen Anteil. Das "Norddeutsche Kartell" als führende Kraft dieses Bundes versuchte, ihm sein Gepräge zu aufzudrücken. Aber schon im Sommer 1869 löste sich der Verband auf Grund innerer Streitigkeiten auf. Noch kürzeren Bestand hatte die von den Burschenschaften der "Rechten" am 20. Januar 1870 gegründete "Eisenacher Konvention", der sich auch das 1869 als mittlere Partei gegründete "Grün-Weiß-Rote-Kartell" angeschlossen hatte. Dieser burschenschaftliche Verband, der auf dem Boden der unbedingten Satisfaktion - die Wiedergutmachung einer wörtlichen oder tätlichen Beleidigung durch einen Zweikampf mit Waffen - stand, trat jeder praktisch-politischen Betätigung entschieden entgegen. Auch hier waren es interne Streitigkeiten, die schon am 22. Mai zur Auflösung führten.
Nach dem Fehlschlag dieser Einigungsversuche nahm das "Grün-Weiß-Rote Kartell" einen neuen Anlauf und lud für den 10. November 1874 nach Eisenach zu einer Versammlung ein. Das Ergebnis war die Gründung des "Eisenacher Deputierten-Conventes" (EDC), an dem sich 20 Burschenschaften beteiligten. Auf Grund der ungünstigen Erfahrungen mit den vorhergehenden Versuchen beschränkte man sich auf die Forderung nach unbedingter Satisfaktion und stellte das Ziel auf, "das Ansehen der Burschenschaft durch energisches und geschlossenes Auftreten gegen anderweitige Bestrebungen zu heben und zu fördern". Zwar hatte der EDC zeitweilig bis zu 30 Mitgliedsburschenschaften - die Burschenschaften des "Süddeutschen" und "Roten Kartells" blieben wiederum fern -, doch war auch ihm kein durchschlagender Erfolg beschieden. Schließlich luden die drei Jenaischen Burschenschaften Arminia, Germania und Teutonia gemeinsam zu einer Versammlung auf den 20. Juli 1881 nach Eisenach ein. 35 Burschenschaften, auch die des "Süddeutschen" und "Roten Kartells", gründeten einen allgemeinen Verband, der den farblosen Namen "Allgemeiner Deputierten-Convent" (ADC) erhielt und sich erst 1902 in "Deutsche Burschenschaft" umbenannte. Die Einigung kam nur deswegen zustande, weil man sich auf ein Minimalprogramm beschränkte, nämlich auf ein "Zusammengehen in allen allgemeinen studentischen und burschenschaftlichen Angelegenheiten", und "alle anderen Prinzipien als Privatsache jeder einzelnen Burschenschaft" ansah. Die Aufnahme von Burschenschaften aus Österreich lehnte die Versammlung mit der Begründung ab, daß "der A.D.C. als solcher grundsätzlich die aktive Beteiligung an politischen Fragen verwerfe und diese den einzelnen Burschenschaften überlasse".
Die geschilderten Auseinandersetzungen lassen klar erkennen, daß es in diesen Jahren sehr am Gefühl des Gemeinsamen gemangelt hat. Auch im inneren Leben der Burschenschaften zeigten sich damals erhebliche Mängel. Nach der Gründung des "Zweiten Reiches" glaubten nicht wenige, das Ziel der Burschenschaft sei erreicht und ihre Daseinsberechtigung verloren. Vielfach kam es zu einer einseitigen Betonung des waffenstudentischen Elementes, und man verlor sich in einem "feuchtfröhlichen" Verbindungsleben. Die Angleichung an die Corps und andere waffenstudentische Verbände führte dazu, daß man gelegentlich mit dem Gedanken spielte, deren Verband, dem Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV), beizutreten, was in einigen wenigen Fällen auch geschah.
Die Annäherung von nationaler Bewegung und traditionalem Staat bewirkte eine Abkehr vom burschenschaftlichen Aktivismus. Die weitere Entwicklung bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges läßt die vaterländisch-politische Bildungsarbeit von nun an wieder mehr in den Vordergrund treten. Von besonderer Bedeutung wurden die seit 1887 erscheinenden "Burschenschaftlichen Blätter", die letztlich mit Erfolg zur Klärung und Angleichung der vielfach noch weit auseinandergehenden Ansichten in der Burschenschaft und damit auch zur Festigung des Verbands beigetragen haben. In gleichem Sinne wirkten die Zeitschriften in den burschenschaftlichen Bruderverbänden, der "Deutsche Burschenschafter" des Rüdesheimer Verbandes deutscher Burschenschaften an Technischen Hochschulen und die "Wartburg", die Zeitschrift der österreichischen Burschenschaften.
Ohne die Unterstützung und die opferbereite Anteilnahme der ehemaligen Mitglieder, der Alten Herren, die sich 1890 aus Anlaß der Feier des 75jährigen Bestehens der Burschenschaft zur "Vereinigung Alter Burschenschafter" (VAB) zusammenschlossen, wäre diese Entwicklung nicht möglich gewesen. Die Vertreter der örtlichen Vereinigungen Alter Burschenschafter, die ab 1860 allmählich in ganz Deutschland und auch außerhalb der Reichsgrenzen entstanden, traten alljährlich neben dem Burschentag zum Altherrentag zusammen und haben nach und nach immer stärkeren Einfluß auf das Leben der Burschenschaft ausgeübt, manchen Mißstand beseitigt und manche Reform angeregt. Nur durch ihre wirtschaftliche Kraft wurde die Errichtung des "Burschenschaftsdenkmals" auf der Göpelskuppe bei Eisenach gegenüber der Wartburg möglich. Das am 21. Mai 1902 eingeweihte Denkmal wurde zu Ehren der im Kriege gegen Frankreich gefallenen Burschenschafter und der Schöpfer des Deutschen Reiches von 1871 erbaut.
Neben diesen nach außen gerichteten Bestrebungen wurde eine Intensivierung des inneren Verbindungslebens nicht vergessen: Wissenschaftlich-politische Vortragsabende, "Burschenschaftliche Abende", wie sie in späteren Jahren hießen, wurden zu einer fast überall gepflegten Einrichtung. Zu ihrer Förderung gründete das nationalliberale Reichstagsmitglied Dr. Hugo Böttger (Arminia auf dem Burgkeller Jena), der spätere Schriftleiter der "Burschenschaftlichen Blätter" und stellvertretende Vorsitzende des Reichsverbands der deutschen Industrie, die "Burschenschaftliche Bücherei", in der historische, literarische und politische Fragen in allgemeiner und verständlicher Form behandelt wurden. Auch in den Vereinigungen Alter Burschenschafter bürgerten sich Vortragsabende ein. Alte und junge Burschenschafter beteiligten sich an Arbeiter-Unterrichts-Kursen und bauten solche in Bonn und Jena selbst auf. Man besuchte und unterstützte die Veranstaltungen und Bestrebungen des "Alldeutschen Verbands", des "Vereins für das Deutschtum im Ausland", der "Deutschen Kolonialgesellschaft", des "Nord- und Ostmarkenvereins" und des "Deutschen Flottenvereins", denen die Deutsche Burschenschaft als korporatives Mitglied beigetreten war."
Die Corps
,,In der Kaiserzeit genossen die Studentenverbindungen in Deutschland, höchstes Ansehen. Typisch war, dass die beiden bedeutendsten Persönlichkeiten des Kaiserreichs, Reichskanzler Otto von Bismarck und Kaiser Wilhelm II. während ihrer Studienzeit Corps beigetreten waren. Mittlerweile war es auch in vielen deutschen Herrscherhäusern üblich geworden, dass die Söhne der regierenden Dynastien Universitäten besuchten und sich dort den als besonders vornehm geltenden Corps anschlossen.
In dieser Zeit entstanden auch die meisten der prächtigen Corpshäuser, die als Villen des Historismus oder Jugendstils den erwachten Repräsentationsbedürfnissen der Corps entsprachen.
Nach dem Ersten Weltkrieg und zu Beginn der Weimarer Republik herrschten politisch unruhige und wirtschaftlich schwere Zeiten. Die stark an der Kaiserzeit orientierten Corps hatten damals einen Zulauf wie nie zuvor, obwohl sie gesellschaftspolitisch umstritten waren. In der Literatur und in den Medien wurden sie damals vehement kritisiert, was bis heute das Bild der Corps und anderer Studentenverbindungen in der Öffentlichkeit prägt."
Landsmannschaften und Turnerschaften
,,Die in der Mitte des 19. Jahrhunderts entstandenen neuen Landsmannschaften strebten eine Reform des Korporationswesens mit der »Gleichberechtigung aller ehrbaren Studenten unter Ausschaltung von Standes- und Klassenunterschieden« an.
1868 wurde in Kassel ein Landsmannschafterverband gegründet. Er nannte sich bald nach seinem ständigen Tagungsort »Coburger Landsmannschafter-Verband (LC).Schließlich wurde er in »Deutsche Landsmannschaft« (DL) umbenannt.
Die akademischen Turnvereine entstanden ab 1860. Ihr Ziel war eine Ausbreitung des Turnens an den deutschen Hochschulen.
1872 kam es dann zur Gründung eines Verbandes. Dieser nannte sich ab 1899 Vertreter-Convent, Verband der Turnerschaften auf deutschen Hochschulen (VC).
Sein ständiger Tagungsort war dann Bad Blankenburg in Thüringen. Man hatte dort auch ein verbandseigenes Sportstadion."
-Schlagende Studentenverbindungen im Deutschen Kaiserreich-
Deutsche Burschenschaft
,,Die Burschenschaft an den Universitäten des späteren Deutschen Reiches bot zu Beginn der fünfziger Jahre ein wenig erfreuliches Bild. Tiefer Zwiespalt, der durch die Nachwirkungen des Progresses - einer burschenschaftlichen Reformbewegung - gegensätzliche politische und hochschulpolitische Ansichten, vor allem durch die Meinungsverschiedenheiten über die Genugtuung mit der Waffe hervorgerufen war, kennzeichnete sie. Die progressistischen Verbindungen, die damals noch in der Mehrheit waren, gründeten im August 1850 in Eisenach die "Allgemeine Burschenschaft", der zeitweise 15 Verbindungen angehörten. Sie sprach dem Duell die ehrenreinigende Kraft ab, verbot den Zweikampf unter Mitgliedern des Verbandes und verlangte vaterländisch-politische Ausbildung, Eintreten für akademische Gleichberechtigung und die Gründung von allgemeinen Studentenschaften zur Bildung studentischer Ehrengerichte - am 31. Mai 1852 löste sich der Verband auf.
Ihm geistig verwandt, aber aus anderen burschenschaftlichen Gruppen zusammengesetzt, war das um 1855 entstandene germanistische oder "Norddeutsche Kartell", das freilich dem Progreß wesentlich kritischer begegnete und in seiner Blütezeit neun vorwiegend nord- und mitteldeutsche Burschenschaften umfaßte und dem später vorübergehend auch einige Burschenschaften aus Österreich angehörten. Das Kartell, das sich als "Bund deutsch-demokratischer Burschenschaften" bezeichnete, strebte eine Einigung Deutschlands auf demokratischer Grundlage an. Als Erziehungsmittel für die Mitglieder des Kartells sollten die eifrig betriebenen "politisch-wissenschaftlichen Kränzchen" dienen, deren Protokolle man austauschte. Von 1861 bis 1866 gab das Kartell sogar eine eigene, gut geleitete Zeitschrift, die "Akademische Zeitung", heraus. Man hielt enge Fühlung mit dem bürgerlichen Liberalismus, forderte die Mitglieder zum Eintritt in Turner-, Sänger- und Schützenvereine auf, die damals eine erhebliche politische Bedeutung hatten, und verlangte eine lebendige Anteilnahme am politischen Leben im Sinne des Deutschen Nationalvereins und der liberalen preußischen Fortschrittspartei. Das politische Schwanken zwischen groß- und kleindeutscher Einstellung - mit oder ohne Österreich - förderte die 1866 beginnende Zersetzung des Kartells, die im Jahre 1872 zur Auflösung führte. Die bewußte Pflege der vaterländisch-politischen Ausbildung, die später Gemeingut der gesamten Burschenschaft wurde, ist das bleibende Verdienst dieses Kartells.
Den Charakter einer Gegenpartei zu diesem "links"-gerichteten burschenschaftlichen Kreis trugen das 1861 gegründete "Süddeutsche Kartell" und das sich etwa gleichzeitig bildende "Rote Kartell", auch "Kartell der Exklusiven" genannt, der Vorgänger des "Roten Verbands". Beide Kartelle vertraten sehr entschieden studentisch-konservative Bestrebungen, wenn auch mit Unterschieden, stellten strenge sittliche Forderungen, zeitweise in der Form des Keuschheitsprinzips, auf und gaben waffenstudentischen Zielen den Vorrang vor der politischen Erziehungsarbeit. An den scharfen Auseinandersetzungen zwischen diesen beiden Gruppen, die bis in die siebziger Jahre hinein dauerten, scheiterte lange die Zusammenführung der burschenschaftlichen Kräfte. An der Gründung des "Eisenacher Burschenbundes" im Mai 1864, an dem sich 22 Burschenschaften beteiligten, nahmen Süddeutsches und Rotes Kartell keinen Anteil. Das "Norddeutsche Kartell" als führende Kraft dieses Bundes versuchte, ihm sein Gepräge zu aufzudrücken. Aber schon im Sommer 1869 löste sich der Verband auf Grund innerer Streitigkeiten auf. Noch kürzeren Bestand hatte die von den Burschenschaften der "Rechten" am 20. Januar 1870 gegründete "Eisenacher Konvention", der sich auch das 1869 als mittlere Partei gegründete "Grün-Weiß-Rote-Kartell" angeschlossen hatte. Dieser burschenschaftliche Verband, der auf dem Boden der unbedingten Satisfaktion - die Wiedergutmachung einer wörtlichen oder tätlichen Beleidigung durch einen Zweikampf mit Waffen - stand, trat jeder praktisch-politischen Betätigung entschieden entgegen. Auch hier waren es interne Streitigkeiten, die schon am 22. Mai zur Auflösung führten.
Nach dem Fehlschlag dieser Einigungsversuche nahm das "Grün-Weiß-Rote Kartell" einen neuen Anlauf und lud für den 10. November 1874 nach Eisenach zu einer Versammlung ein. Das Ergebnis war die Gründung des "Eisenacher Deputierten-Conventes" (EDC), an dem sich 20 Burschenschaften beteiligten. Auf Grund der ungünstigen Erfahrungen mit den vorhergehenden Versuchen beschränkte man sich auf die Forderung nach unbedingter Satisfaktion und stellte das Ziel auf, "das Ansehen der Burschenschaft durch energisches und geschlossenes Auftreten gegen anderweitige Bestrebungen zu heben und zu fördern". Zwar hatte der EDC zeitweilig bis zu 30 Mitgliedsburschenschaften - die Burschenschaften des "Süddeutschen" und "Roten Kartells" blieben wiederum fern -, doch war auch ihm kein durchschlagender Erfolg beschieden. Schließlich luden die drei Jenaischen Burschenschaften Arminia, Germania und Teutonia gemeinsam zu einer Versammlung auf den 20. Juli 1881 nach Eisenach ein. 35 Burschenschaften, auch die des "Süddeutschen" und "Roten Kartells", gründeten einen allgemeinen Verband, der den farblosen Namen "Allgemeiner Deputierten-Convent" (ADC) erhielt und sich erst 1902 in "Deutsche Burschenschaft" umbenannte. Die Einigung kam nur deswegen zustande, weil man sich auf ein Minimalprogramm beschränkte, nämlich auf ein "Zusammengehen in allen allgemeinen studentischen und burschenschaftlichen Angelegenheiten", und "alle anderen Prinzipien als Privatsache jeder einzelnen Burschenschaft" ansah. Die Aufnahme von Burschenschaften aus Österreich lehnte die Versammlung mit der Begründung ab, daß "der A.D.C. als solcher grundsätzlich die aktive Beteiligung an politischen Fragen verwerfe und diese den einzelnen Burschenschaften überlasse".
Die geschilderten Auseinandersetzungen lassen klar erkennen, daß es in diesen Jahren sehr am Gefühl des Gemeinsamen gemangelt hat. Auch im inneren Leben der Burschenschaften zeigten sich damals erhebliche Mängel. Nach der Gründung des "Zweiten Reiches" glaubten nicht wenige, das Ziel der Burschenschaft sei erreicht und ihre Daseinsberechtigung verloren. Vielfach kam es zu einer einseitigen Betonung des waffenstudentischen Elementes, und man verlor sich in einem "feuchtfröhlichen" Verbindungsleben. Die Angleichung an die Corps und andere waffenstudentische Verbände führte dazu, daß man gelegentlich mit dem Gedanken spielte, deren Verband, dem Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV), beizutreten, was in einigen wenigen Fällen auch geschah.
Die Annäherung von nationaler Bewegung und traditionalem Staat bewirkte eine Abkehr vom burschenschaftlichen Aktivismus. Die weitere Entwicklung bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges läßt die vaterländisch-politische Bildungsarbeit von nun an wieder mehr in den Vordergrund treten. Von besonderer Bedeutung wurden die seit 1887 erscheinenden "Burschenschaftlichen Blätter", die letztlich mit Erfolg zur Klärung und Angleichung der vielfach noch weit auseinandergehenden Ansichten in der Burschenschaft und damit auch zur Festigung des Verbands beigetragen haben. In gleichem Sinne wirkten die Zeitschriften in den burschenschaftlichen Bruderverbänden, der "Deutsche Burschenschafter" des Rüdesheimer Verbandes deutscher Burschenschaften an Technischen Hochschulen und die "Wartburg", die Zeitschrift der österreichischen Burschenschaften.
Ohne die Unterstützung und die opferbereite Anteilnahme der ehemaligen Mitglieder, der Alten Herren, die sich 1890 aus Anlaß der Feier des 75jährigen Bestehens der Burschenschaft zur "Vereinigung Alter Burschenschafter" (VAB) zusammenschlossen, wäre diese Entwicklung nicht möglich gewesen. Die Vertreter der örtlichen Vereinigungen Alter Burschenschafter, die ab 1860 allmählich in ganz Deutschland und auch außerhalb der Reichsgrenzen entstanden, traten alljährlich neben dem Burschentag zum Altherrentag zusammen und haben nach und nach immer stärkeren Einfluß auf das Leben der Burschenschaft ausgeübt, manchen Mißstand beseitigt und manche Reform angeregt. Nur durch ihre wirtschaftliche Kraft wurde die Errichtung des "Burschenschaftsdenkmals" auf der Göpelskuppe bei Eisenach gegenüber der Wartburg möglich. Das am 21. Mai 1902 eingeweihte Denkmal wurde zu Ehren der im Kriege gegen Frankreich gefallenen Burschenschafter und der Schöpfer des Deutschen Reiches von 1871 erbaut.
Neben diesen nach außen gerichteten Bestrebungen wurde eine Intensivierung des inneren Verbindungslebens nicht vergessen: Wissenschaftlich-politische Vortragsabende, "Burschenschaftliche Abende", wie sie in späteren Jahren hießen, wurden zu einer fast überall gepflegten Einrichtung. Zu ihrer Förderung gründete das nationalliberale Reichstagsmitglied Dr. Hugo Böttger (Arminia auf dem Burgkeller Jena), der spätere Schriftleiter der "Burschenschaftlichen Blätter" und stellvertretende Vorsitzende des Reichsverbands der deutschen Industrie, die "Burschenschaftliche Bücherei", in der historische, literarische und politische Fragen in allgemeiner und verständlicher Form behandelt wurden. Auch in den Vereinigungen Alter Burschenschafter bürgerten sich Vortragsabende ein. Alte und junge Burschenschafter beteiligten sich an Arbeiter-Unterrichts-Kursen und bauten solche in Bonn und Jena selbst auf. Man besuchte und unterstützte die Veranstaltungen und Bestrebungen des "Alldeutschen Verbands", des "Vereins für das Deutschtum im Ausland", der "Deutschen Kolonialgesellschaft", des "Nord- und Ostmarkenvereins" und des "Deutschen Flottenvereins", denen die Deutsche Burschenschaft als korporatives Mitglied beigetreten war."
Die Corps
,,In der Kaiserzeit genossen die Studentenverbindungen in Deutschland, höchstes Ansehen. Typisch war, dass die beiden bedeutendsten Persönlichkeiten des Kaiserreichs, Reichskanzler Otto von Bismarck und Kaiser Wilhelm II. während ihrer Studienzeit Corps beigetreten waren. Mittlerweile war es auch in vielen deutschen Herrscherhäusern üblich geworden, dass die Söhne der regierenden Dynastien Universitäten besuchten und sich dort den als besonders vornehm geltenden Corps anschlossen.
In dieser Zeit entstanden auch die meisten der prächtigen Corpshäuser, die als Villen des Historismus oder Jugendstils den erwachten Repräsentationsbedürfnissen der Corps entsprachen.
Nach dem Ersten Weltkrieg und zu Beginn der Weimarer Republik herrschten politisch unruhige und wirtschaftlich schwere Zeiten. Die stark an der Kaiserzeit orientierten Corps hatten damals einen Zulauf wie nie zuvor, obwohl sie gesellschaftspolitisch umstritten waren. In der Literatur und in den Medien wurden sie damals vehement kritisiert, was bis heute das Bild der Corps und anderer Studentenverbindungen in der Öffentlichkeit prägt."
Landsmannschaften und Turnerschaften
,,Die in der Mitte des 19. Jahrhunderts entstandenen neuen Landsmannschaften strebten eine Reform des Korporationswesens mit der »Gleichberechtigung aller ehrbaren Studenten unter Ausschaltung von Standes- und Klassenunterschieden« an.
1868 wurde in Kassel ein Landsmannschafterverband gegründet. Er nannte sich bald nach seinem ständigen Tagungsort »Coburger Landsmannschafter-Verband (LC).Schließlich wurde er in »Deutsche Landsmannschaft« (DL) umbenannt.
Die akademischen Turnvereine entstanden ab 1860. Ihr Ziel war eine Ausbreitung des Turnens an den deutschen Hochschulen.
1872 kam es dann zur Gründung eines Verbandes. Dieser nannte sich ab 1899 Vertreter-Convent, Verband der Turnerschaften auf deutschen Hochschulen (VC).
Sein ständiger Tagungsort war dann Bad Blankenburg in Thüringen. Man hatte dort auch ein verbandseigenes Sportstadion."