Eine peinliche Nahrungsmittelfälschung wurde vor 100 Jahren Ende März / Anfang April 1912 vor den hallischen Schöffengericht verhandelt. Der hiesige Königliche Hofschlächtermeister Ernst Halke (1865-1932) aus Halles Großer Ulrichstraße 62 und sein Altgeselle Franz Leisebein wurden beschuldigt, im Februar wiederholt bei der Zubereitung von Schabefleisch Präservesalz (ein schwefligsaures Natronsalz) beigemischt zu haben.
In Deutschland war die Verwendung von schwefliger Säure und ihren damals als Präservesalz bezeichneten Salzen zur Konservierung von Nahrungsmitteln seit dem Inkrafttreten des Reichsnahrungs- und Genussmittelgesetzes am 14. Mai 1879 verboten und stand unter Strafe.
Die Sache war insofern tragikomisch, weil Ernst Halke seit mindestens 1905 als Königlicher Hofschlächtermeister die berühmte Halloren-Schlackwurst aufgrund eines erteilten entsprechenden Privilegs der Halloren an den Königshof in Berlin lieferte und dafür vom preußischen Königshaus den Titel eines Hoflieferanten erhalten hatte. Erstmals erscheint Halke mit der Bezeichnung „Kgl. Hoffleischermstr.“ sowie Fabrikant feinster Fleischwaren im hallischen Adressbuch 1905. Seine Fleischerei betrieb er jedoch schon mindestens seit den 1890er Jahren.
Zunächst wehrte sich Halke mit aller Entschiedenheit gegen die erhobenen Beschuldigungen. Die Tatsachen ließen sich aber nicht widerlegen. An vier Februartagen, vom 5. bis 8. Februar 1912, waren bei Halke durch die Polizei Proben von Schabefleisch entnommen worden – drei durch eine geheime Botin, die vierte durch einen Polizeisergeanten. In sämtlichen vier Proben wurde auf dem Nahrungsmittel-Untersuchungsamt der Stadt Halle (Dreyhauptstraße 6) schweflige Säure in beträchtlicher Menge festgestellt. Bei der Entnahme der vierten Probe durch den Sergeanten versuchte der Fleischermeister von zwei Tellern mit Schabefleisch den einen schnell unter den Ladentisch verschwinden zu lassen und wollte das verlangte Schabefleisch dem anderen Teller entnehmen. Der Polizeibeamte bestand aber darauf, dass ihm die Probe von dem beiseite gestellten Teller verabreicht werde. Für das verdächtige Wegstellen des Tellers konnte der Angeklagte vor Gericht keine überzeugende Erklärung abgeben. Sein Altgesell dagegen gab zur Begründung an, dass ein Teil des Schabefleisches mit „Hackerlin“ vermischt gewesen sei, der andere jedoch nicht. Dass Präservesalz verwendet worden sei, wurde von Beiden mit Entschiedenheit bestritten. Zwar war die Verwendung von Hackerlin als Täuschungsmittel, um dem Fleische eine rote, frischere Farbe zu geben, ebenfalls verboten, konnte jedoch auch nicht in den Proben nachgewiesen werden.
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Auch das von Halke vorgebrachte Argument, dass die schweflige Säure auf andere Weise als durch Präservesalz in das Fleisch hineingekommen sein muss beziehungsweise schon im gelieferten Rindfleisch enthalten gewesen sein könnte, wurde vom als Gutachter eingesetzten Direktor des Nahrungsmittel-Untersuchungsamtes ausgeschlossen. Die beanstandeten Proben hätten alle die charakteristischen Merkmale einer Beimischung von Präservesalz getragen: sie waren äußerlich knallrot und innen bräunlich.
Das Gericht schloss sich dieser Ansicht an und verurteilte Halke wegen Vergehens gegen das Nahrungsmittel- und Fleischbeschaugesetzes zu 100 Mark Geldstrafe. Der Amtsanwalt hatte nur 50 Mark beantragt. Das Gericht hielt aber bei dem umfangreichen Geschäftsbetrieb des Angeklagten, der neben seiner Fleischerei in dem ihm gehörigen Geschäftshaus in der Großen Ulrichstraße 62 auch noch ein so genanntes Automaten-Restaurant betrieb, die höhere Strafe für geboten. Der Altgesell kam mit einer Geldstrafe von fünf Mark davon.
Pikant: Zwar berichteten alle hallischen Tageszeitungen über diese Gerichtsverhandlung relativ ausführlich und textlich sogar nahezu identisch. Aber nur im sozialdemokratischen „Volksblatt“ wurde der Name des Angeklagten veröffentlicht. Ein Schelm wer schlimmes dabei denkt!
Ernst Halke scheint dieser Nahrungsmittelskandal nur kurzzeitig geschadet zu haben. Er betrieb seine Fleischerei sowie das angeschlossene Restaurant „Central-Automat“ (seit den späten 1920er Jahren als „Würzburger-Hofbräu“) erfolgreich weiter bis kurz vor seinem Tod am 2. Juni 1932.
Quelle: Sonntagsnachrichten Halle
In Deutschland war die Verwendung von schwefliger Säure und ihren damals als Präservesalz bezeichneten Salzen zur Konservierung von Nahrungsmitteln seit dem Inkrafttreten des Reichsnahrungs- und Genussmittelgesetzes am 14. Mai 1879 verboten und stand unter Strafe.
Die Sache war insofern tragikomisch, weil Ernst Halke seit mindestens 1905 als Königlicher Hofschlächtermeister die berühmte Halloren-Schlackwurst aufgrund eines erteilten entsprechenden Privilegs der Halloren an den Königshof in Berlin lieferte und dafür vom preußischen Königshaus den Titel eines Hoflieferanten erhalten hatte. Erstmals erscheint Halke mit der Bezeichnung „Kgl. Hoffleischermstr.“ sowie Fabrikant feinster Fleischwaren im hallischen Adressbuch 1905. Seine Fleischerei betrieb er jedoch schon mindestens seit den 1890er Jahren.
Zunächst wehrte sich Halke mit aller Entschiedenheit gegen die erhobenen Beschuldigungen. Die Tatsachen ließen sich aber nicht widerlegen. An vier Februartagen, vom 5. bis 8. Februar 1912, waren bei Halke durch die Polizei Proben von Schabefleisch entnommen worden – drei durch eine geheime Botin, die vierte durch einen Polizeisergeanten. In sämtlichen vier Proben wurde auf dem Nahrungsmittel-Untersuchungsamt der Stadt Halle (Dreyhauptstraße 6) schweflige Säure in beträchtlicher Menge festgestellt. Bei der Entnahme der vierten Probe durch den Sergeanten versuchte der Fleischermeister von zwei Tellern mit Schabefleisch den einen schnell unter den Ladentisch verschwinden zu lassen und wollte das verlangte Schabefleisch dem anderen Teller entnehmen. Der Polizeibeamte bestand aber darauf, dass ihm die Probe von dem beiseite gestellten Teller verabreicht werde. Für das verdächtige Wegstellen des Tellers konnte der Angeklagte vor Gericht keine überzeugende Erklärung abgeben. Sein Altgesell dagegen gab zur Begründung an, dass ein Teil des Schabefleisches mit „Hackerlin“ vermischt gewesen sei, der andere jedoch nicht. Dass Präservesalz verwendet worden sei, wurde von Beiden mit Entschiedenheit bestritten. Zwar war die Verwendung von Hackerlin als Täuschungsmittel, um dem Fleische eine rote, frischere Farbe zu geben, ebenfalls verboten, konnte jedoch auch nicht in den Proben nachgewiesen werden.
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Auch das von Halke vorgebrachte Argument, dass die schweflige Säure auf andere Weise als durch Präservesalz in das Fleisch hineingekommen sein muss beziehungsweise schon im gelieferten Rindfleisch enthalten gewesen sein könnte, wurde vom als Gutachter eingesetzten Direktor des Nahrungsmittel-Untersuchungsamtes ausgeschlossen. Die beanstandeten Proben hätten alle die charakteristischen Merkmale einer Beimischung von Präservesalz getragen: sie waren äußerlich knallrot und innen bräunlich.
Das Gericht schloss sich dieser Ansicht an und verurteilte Halke wegen Vergehens gegen das Nahrungsmittel- und Fleischbeschaugesetzes zu 100 Mark Geldstrafe. Der Amtsanwalt hatte nur 50 Mark beantragt. Das Gericht hielt aber bei dem umfangreichen Geschäftsbetrieb des Angeklagten, der neben seiner Fleischerei in dem ihm gehörigen Geschäftshaus in der Großen Ulrichstraße 62 auch noch ein so genanntes Automaten-Restaurant betrieb, die höhere Strafe für geboten. Der Altgesell kam mit einer Geldstrafe von fünf Mark davon.
Pikant: Zwar berichteten alle hallischen Tageszeitungen über diese Gerichtsverhandlung relativ ausführlich und textlich sogar nahezu identisch. Aber nur im sozialdemokratischen „Volksblatt“ wurde der Name des Angeklagten veröffentlicht. Ein Schelm wer schlimmes dabei denkt!
Ernst Halke scheint dieser Nahrungsmittelskandal nur kurzzeitig geschadet zu haben. Er betrieb seine Fleischerei sowie das angeschlossene Restaurant „Central-Automat“ (seit den späten 1920er Jahren als „Würzburger-Hofbräu“) erfolgreich weiter bis kurz vor seinem Tod am 2. Juni 1932.
Quelle: Sonntagsnachrichten Halle