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    Geschlechtskrankheiten

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    Geschlechtskrankheiten Empty Geschlechtskrankheiten

    Beitrag von Gardestern Mo Dez 03, 2012 7:58 pm

    Nach Prof. Dr. W. Hoffmann waren die vermittelnden Frauenspersonen für die Ansteckung mit venerischen Infekten während des WK I wie folgt zu sortieren:

    Zahl 1)mit Gonorrhöe, Zahl 2)mit Lues

    - Dirnen,
    a) Bordell- 5,6 % / 2,7,%
    b) Straßen- 9,6 % / 3,4,%
    - Kellnerinnen 10,9 % / 4,5 %
    - Dienstmädchen 10.6 % / 3,5 %
    - Ehefrauen, eigene 5,3 % / 2,1 %
    - Bürgerstöchter 2,4 % / 1,2 %
    - Witwen 1,4 % / 0,5 %
    - Kriegerfrauen 3,2 % / 0,8 %
    - Frauen, sonstige 1,8 % / 0,3 %
    - Geschäftsfräulein 7,3 % / 1,7 %
    - Fabrikarbeiterinnen 6,1 % / 2,0 %
    - Näherinnen, Wäscher. 1,8 % / 0,3 %
    - Künstlerinnen 0,2 % / 0,2 %
    - Telefonistinnen 0,1 % / -
    - Straßenbahnschaffner. 0,3 % / 0,1 %
    - Landarbeiterinnen 0,4 % / 0,3 %
    - Krankenschwestern 0,1 % / -
    - ausgeh. Verhältnis 0,2 % / -
    - Masseusen - / 0,1 %
    - Unbekannt 6,7 % / 1,7


    Welche Schlußfolgerungen daraus gezogen werden können, das mag jeder für sich entscheiden...
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    Beitrag von Gardestern Mo Dez 03, 2012 7:58 pm

    Antwort vom 14er Husar:

    Die Statistik belegt einmal mehr die Erfahrung, dass die Landbevölkerung gesünder ist als die Stadtbevölkerung.

    Erschreckend finde ich die hohe Durchseuchung bei den Dienstmädchen. Es ist ein düsteres Kapitel deutscher Geschichte, denn dieser Personenkreis war in besonderem Maße sexuellen Belästigungen ausgesetzt. Bezahlt haben das die jungen Frauen sehr oft mit dem Verlust ihrer Fruchtbarkeit.

    Nun glaubt nicht, dass das alles Geschichte ist. Etwa 2 % aller Frauen sind heutzutage Gonokokkenüberträgerinnen ohne es zu wissen. Bei Männern ist die Dunkelziffer erheblich niedriger, da die Symptome meist klassisch sind. Die sogenannten Bon jour-Tröpfchen sind ein ziemlich eindeutiger Hinweis.
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    Beitrag von Gardestern Mo Dez 03, 2012 7:59 pm

    Antwort von Ottenstein:

    Wird aber nicht unbedingt ein deutsches Problem gewesen sein. Interessant wäre der Anteil des Adels und des Bürgertums sowie der Arbeiter- und Bauernschaft.

    Es wurde mir von einem (kleinen) Freiherrn berichtet, der im ehemaligen Gutsbezirk seines Vaters ein eigenes Anwesen hat. Er sagte einmal: jedesmal, wenn ich ins Dorf gehe, dann habe ich bei den Männern den Eindruck, das wären alles meine Brüder....

    Das jus prima nocte gabs wohl auch noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts ...

    ... und das dürfte nicht bei jedem "Grundherrn" ohne Gefahr gewesen sein.
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    Beitrag von Gardestern Mo Dez 03, 2012 8:00 pm

    Auf den Einwand vom 14er Husar: Die Statistik belegt einmal mehr die Erfahrung, dass die Landbevölkerung gesünder ist als die Stadtbevölkerung.

    Antwort vom Gardestern:

    Um zu zeigen, wie recht unser Husarenmajor hat, hier eine amtliche Übersicht zu den Infektionen mit Syphilis/Lues, mit Stand vom 30. April 1900:

    Von jeweils 10.000 Personen waren erkrankt

    In ganz Preußen: 28
    In Berlin : 142
    Städte über 100.000 Einwohner : 100
    Städte über 30.000 Einwohner: 58
    Städte unter 30.000 Einwohner: 45
    In der Armee: 15
    In den Dörfern: 7,5
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    Beitrag von Gardestern Mo Dez 03, 2012 8:01 pm

    Antwort von Bea:

    Zur Bekämpfung gab es neben der moralischen Vorstellung von Monogamie und Enthaltsamkeit auch erste pragmatische Handlungsansätze. Federführend in dieser Richtung war das Militär. Es hatte kurz nach der Wende zum 20. Jahrhundert damit begonnen, Schutzmittel an Soldaten auszugeben. Sittlich moralische Erwägungen wurden gegenüber der Erhaltung der Wehrkraft, besonders während des Ersten Weltkriegs, zurückgestellt. Die Ausgabe von Schutzmitteln an Wehrpflichtige, die in der Regel zwischen 16 und 50 Jahre alt waren, machte diese in der männlichen Bevölkerung bekannt.

    vgl. Zur Schutzmittelpolitik des Militärs vgl. ausführlich Sauerteig 1999, S. 293 ff.
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    Beitrag von Gardestern Mo Dez 03, 2012 8:01 pm

    Antwort von Gardestern:

    Aus dem Dienstunterricht des sächs. Infanteristen (1904):

    Im Leben rächt sich alles, die Folgen unbedachter Jungendtorheiten strafen sich häufig genug im Alter. Treibt keine geschlechtlichen Ausschweifungen mit liderlichen Dirnen. Habt ihr darin Unglück gehabt und euch Krankheit zugezogen, so verschweigt und verschleppt sie nicht, laßt euch nicht mit einem Kurpfuscher ein, sondern meldet sie rechtzeitig dem Arzt.
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    Beitrag von Gardestern Mo Dez 03, 2012 8:02 pm

    Antwort vom 14er Husar auf den Satz vom Gardestern laßt euch nicht mit einem Kurpfuscher ein, sondern meldet sie rechtzeitig dem Arzt. :


    Dem Arzt stand freilich auch keine wirksame, causale Therapie zur Verfügung. Der Durchbruch gelang erst mit der Entdeckung des Penicillins!
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    Beitrag von Gardestern Mo Dez 03, 2012 8:03 pm

    Antwort von Gardestern:

    Aber, Herr Major, dessen ungeachtet war es dennoch eine richtige und notwendige Anweisung an die Truppe, sich im Falle der Ansteckung vertrauensvoll an einen wirklichen Arzt zu wenden.

    Einmal um Verhaltensmaßregeln gegen eine weitere Übertragung der Infektion zu bekommen und zum anderen wegen der zu erwartenden Komplikationen.

    Schließlich geisterte damals viel Aberglauben auch in dieser Sache im Volk herum, wie z. B., daß man durch eine Defloration die Krankheit wieder loswürde. Welch ein fataler und schon krimineller Irrtum!
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    Beitrag von Gardestern Mo Dez 03, 2012 8:04 pm

    Antwort vom 14er Husar:

    Das ist ja eine interessante Information! Hab ich noch nie gehört. Auch in der Medizingeschichte finden sich keine Hinweise. Glaube und Aberglaube spielen aber auch in der Medizin keine elementare Rolle.

    Der Glaube gehört in die Kirche. Als Wissenschaftler will mans genau wissen und geht den Dingen auf den Grund.

    Ohne Zweifel waren die präventiven Maßnahmen beim Militär von großer Bedeutung. Dies zeigt allein schon die geringe Durchseuchung mit Lues beim Militär. Die Eindämmung der Weiterverbreitung der Krankheit durch Infizierte war ebensowichtig. Hier hatte natürlich die Aufklärung durch den Arzt einen hohen Stellenwert.

    Erwiderung von Gardestern:


    Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Bd. 3, S. 747(2005, Reprint der 1931er Originalausgabe):

    "Vor allem ist noch heute der verderbliche Glaube verbreitet, durch Gv. mit noch nicht mannbarer Jungfrau (oder schwangerer Frau) sich von der Krankheit befreien zu können. Bei uns soll dieser Wahn, der mehrfach bei Gerichtsverhandlungen als Motiv des Notzucht- oder Blutschandeverbrechens angegeben wurde, durch die Schrift eines Arztes (!!!) in Schwung gekommen sein."

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    Beitrag von Gardestern Mo Dez 03, 2012 8:05 pm

    Antwort von Fritz:

    Während des 1. Weltkriegs wurden an den Fronten Bordelle eingerichtet, geteilt in Mannschafts- und Offiziersbordelle. Entsprechende Tafeln (Nur für Offiziere - Eintritt für Hunde und Mannschaften verboten) wiesen den Frontkämpfern den Weg in die Entspannung. Die Mannschaftsbordelle waren an der langen Reihe der wartenden Krieger zu erkennen.

    Ein Soldat musste sich vor dem Bordellbesuch vom Sanitäter auf Krankheiten untersuchen und einer Behandlung mit Protargol und Vaseline unterziehen lassen. Verlor er Kraft durch Freude, musste er in Gegenwart des Sanitäters urinieren, ausserdem bekam er eine neue Protargol-Einspritzung. Der Soldat musste auch angeben, bei welchem Mädchen er gewesen war. Erst mit der Bescheinigung über diese unangenehme Behandlung durfte er den Desinfektionsraum verlassen. Für das Offiziersbordell galten diese Vorsichtsmassnahmen nicht - mit entsprechenden Folgen: In der Geschlechtskrankenabteilung der Lazarette waren die Räume für die Offiziere überfüllt.
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    Beitrag von Husaren14 Di Dez 04, 2012 12:23 am

    Eine geringe Menge AgNO3 aus der Heeresfeldapotheke hätte ich noch!


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    Beitrag von Gardestern Di Dez 04, 2012 1:20 am

    Hoffentlich ist das Verfallsdatum der Charge nicht schon erreicht...

    Doch abgesehen davon, wie schätzt der Fachmann die bakteriozide Wirksamkeit des Salzes ein?
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    Beitrag von Husaren14 Di Dez 04, 2012 6:36 am

    Silbernitrat wirkt bakterizid. Generationen von Kindern wurden prophylaktisch nach der Geburt mit Silbernitrat-Tropfen behandelt um sie vor Erblindung durch Gonokokken-Infektionen zu schützen. Diese sogenannte Crede`sche Prohylaxe war noch zu meiner klinischen Zeit gesetzlich vorgeschrieben.

    Das Einbringen in die Harnröhre hat sicher auch eine prohylaktische Wirkung gehabt. Fraglich ist nur, ob bei der Länge der männlichen Harnröhre der Wirkstoff überall hin gelangte. Das unangenehme Brennen nach der Instillation hat sicher dazu geführt, daß mancher Krieger von weiteren Bordellbesuchen Abstand genommen hat.
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    Beitrag von Zietenhusar Do Dez 20, 2012 1:59 am

    Zum Thema empfehlen möchte ich das Buch von Magnus Hirschfeld:
    Sittengeschichte des Weltkriegs.
    Leipzig/Wien, Verlag für Sexualwissenschaft, Schneider & Co, 1930.

    Im Buch werden detailliert die Ursachen der Prostitution im, und noch verstärkt nach, dem 1. Weltkrieg genannt, und die daraus resultierenden Kreisläufe zwischen käuflicher Liebe und Geschlechtskrankheiten abgehandelt.

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