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    Die Scheinehe

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    Die Scheinehe Empty Die Scheinehe

    Beitrag von Gardestern Mo Okt 29, 2012 9:56 pm

    Heute versteht man in aller Regel unter einer "Scheinehe", das förmliche Eingehen einer Ehe zum Beispiel zum Erschleichen von staatlichen Leistungen, wie dem Erwerb der Staatsbürgerschaft und dem Erlangen einer dauernden Aufenthaltsgenehmigung. Einer der beiden Partner (in diesem Falle ein Ausländer) strebt o. g. Vorteil an und bezahlt dafür den anderen Partner für den Besuch des Standesamtes. Wenn dann die angestrebten Rechte auf Dauer erworben sind, lösen die beiden Partner die Scheinehe in gegenseitiger Übereinstimmung. Das ist zwar strafbar, doch schwer zu beweisen.

    Vor hundert Jahren gab es ein ganz anderes Verständnis, was eine Scheinehe sei, und stellte das mit dem § 179 StGB wie folgt unter Strafe:

    "Wer eine Frauensperson zur Gestattung des Beischlafs dadurch verleitet, daß er eine Trauung vorspiegelt, oder einen anderen Irrtum in ihr erregt oder benutzt, in welchem sie den Beischlaf für einen ehelichen hielt, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. Sind mildere Umnstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten ein. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein."

    Theoretisch wäre solch eine Straftat nach neuestem Recht in der BRD auch praktikabel. Und zwar ist seit kurzem die seit Bismarck geltende Rechtspraxis aus Kraft gesetzt, daß für den Vollzug der kirchlichen Trauung die standesamtliche Eheschließung ein bindende Vorraussetzung war. Der Pfarrer hatte sich vor der Trauung davon zu überzeugen, daß staatlicherseits eine gültige Ehe vorliegt, um sich nicht selbst strafbar zu machen. Nun darf er auch ohne diese Vorraussetzung eine kirchliche Eheschließung vornehmen, jedoch erfüllt diese Ehe nicht die Vorraussetzung, um davon gegenseitige Rechte (Unterhaltsanspruch, Erbrecht etc.) abzuleiten. Es jedoch bei heutiger Moralpraxis recht unwahrscheinlich, daß es noch solchen Aufwandes bedürfte, um den Vollzug einer Ehe zu erschleichen.

    Hier muss hinzugefügt werden, dass die ev. Kirche fast ausnahmslos von diesem "neuen alten" Recht keinen Gebrauch macht, um eben auch diesen Fallstricken zu entgehen. Statt dessen gibt es die Form der Segenshandlung und eine ECHTE Trauung ist nur die, wenn beide Partner der Kirche angehören, sonst ist es ein Gottesdienst anl. einer Eheschließung.
    Wie ich an andere Stelle ja schon schrieb, führte die Einführung des Standesamtes indirekt zu enormen finanziellen Einbußen bei den Pfarrern (nachzulesen in "arm wie eine Kirchenmaus")

    Was die konkrete Rechtssprechung anbelangt, so würde mich mal interessieren, wie oft so etwas eingeklagt wurde und wie oft im Sinne des Klägers geurteilt wurde, aber eben auch, ob es da Unterschiede bei der Herkunft gab. Vielleicht hat Christoph da nähere Informationen?!?!?

    Die Umgehung der Überprüfung der staatlichen, also bürgerlich-rechtlichen Ehe, wurde im Hinblick auf die Rentnerehe (nur kirchlich) in so mancher Klosterkirche schon umgangen. Dies ist aber keine Scheinehe. Entscheidend für den Staat war die staatliche Ehe.
    Eine Scheinehe wie Hendrik schreibt, kann durchaus auf dem Lande durch kirchliche Eheschließung unter fehlender standesamtlicher Trauung verstanden werden. Denn auf dem Lande ist es ja heute noch so, daß mancher glaubt, die Ehe würde erst durch den Segen eines Gottesmannes gültig.

    Prblematisch ist dies m.E: heute aus einem anderen Gesichtspunkt: Asylrecht.
    Nach dem Asylrecht liegt eine Scheinehe vor, wenn eine Ehe zwar an sich korrekt geschlossen wurde (Standesamt etc.), aber nicht der Wille besteht, eine eheliche Gemeinschaft zu bilden, also die Ehe nur geschlossen wurde, um sich nach der gesetzlichen Wartezeit die deutsche Staatsangehörigkeit (ich weiß nicht, ob der Name geändert wurde: das Gesetz hießt noch vor einigen Jahren Gesetz über die Staats- und Reichsangehörigkeit.) zu erlangen.

    Hier wird es nicht zu einer Anklage gekommen sein, da diese Ehen aufgrund des fehlenden Rechtsbindungswillens unwirksam ist und die eine Partei inzwischen abgeschoben wurde.
    In früheren Zeiten (also vor der Forumszeit) war eine Ehe solange nicht gültig, bis sie nicht vollzogen war, also der Beischlaf vollzogen war. Daher war den Frauen der Nachweis ihrer Jungfräulichkeit in früheren Zeiten auch so wichtig. Daher wurde um 1900 in BGB und StGB auch dies so unter Schutz gestellt. Man konnte also möglicherweise eine Scheinehe über eine solche Untersuchung feststellen. Die Scheinehe des Jahres 1900 hatte jedoch umgekehrte Bedeutung: wer die Ehe vorspiegelt um diese ungültige Ehe zu vollziehen, der muß bestraft werden, weil der Vollzugsbeweis einer Frau dieser durch den Beischlaf in einer ungültigen Ehe entzogen würde...

    Hört sich verquer an. Aber diente dem angeblichen Schutz der Frau. Daher wird in aller Regel auch nur ein Mann möglicher Täter des § 179 a.F. StBG bestraft worden sein.

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