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    Distanzritt Berlin - Wien

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    Beitrag von Husaren14 Mo Okt 22, 2012 11:02 pm

    Distanzritt Berlin – Wien

    Zwischen dem 1. und 3. Oktober 1892 starteten 121 österreich-ungarische Offiziere von Wien nach Berlin und 91 deutsche Offiziere von Berlin nach Wien. Die Kavallerie stellte das größte Teilnehmerkontingent. Allerdings nahmen auch einige Infanterie-Offiziere und ein Hauptmann von der Luftschifferabteilung teil.

    Die Ausrüstung wurde auf ein Minimum reduziert. Alle Offiziere ritten im kleinen Dienstanzug. Nur ein Teilnehmer führte einen Mantel mit. Auch die Pferdeausrüstung wurde auf das absolut notwendige Maß reduziert. Auf Vorderzeug und Satteltaschen verzichteten die meisten Reiter. Zumeist wurden Pritschsättel mit Filzunterlage verwendet. Als Zäumung wurden überwiegend Stange und Unterlegtrense benutzt. Ein Teil der Offiziere ritt mit Pelham oder Wischzaum.

    Viele Pferde waren bandagiert und mit Streichledern ausgestattet. Dies sollte sich nicht bewähren, denn Nässe und Schmutz ließen die Bandagen hart werden. Hautverletzungen und Sehnenentzündungen waren die Folge. Beschlagen waren viele Pferde mit Hufeisen aus Stahl, die sich als sehr widerstandsfähig erwiesen.

    Die Strecke von 571,5 km musste mit einem Pferd in maximal 6 Tagen zurückgelegt werden. Die Wahl der Route blieb den Reitern überlassen.

    Erlaubt war, Pferdeburschen vorauszuschicken, um Quartier zu machen und bei der Versorgung des Pferdes behilflich zu sein. Alle Reiter erhielten eine Startkarte, auf der die Abgangszeit am jeweiligen Startpunkt vermerkt war.

    Abritt und Ankunft wurden von einem Richterkollegium überwacht, das auch die Zeitmessung (MEZ) vornahm. Auf der letzten Etappe mussten die Reiter telegraphisch die voraussichtliche Ankunftszeit melden.

    Wie bereits erwartet, erwiesen sich die ungarischen Halbblüter als sehr ausdauernd. Die besten Reiter legten Tagesstrecken von 160 bis 220 km zurück.

    Nach 71 Stunden und 40 Minuten ritt schließlich der kuk Leutnant Graf Starhemberg als Sieger durchs Ziel. Er erhielt den Ehrenpreis Kaiser Wilhelms und ein Preisgeld von 20.000 RM.

    Sein schärfster Konkurrent war der Premier-Leutnant von Reitzenstein vom Kürassier-Rgt. 4. Er belegte mit einer Zeit von 73 Stunden, 6 Minuten und 55 Sekunden den 2. Platz und erhielt den Ehrenpreis von Kaiser Franz-Josef, sowie ein Preisgeld von 10.000 RM. Erst auf der letzten Etappe verspielte er den scheinbar sicheren Sieg, nachdem er sich total verritten und durch den Umweg etwa 1,5 Stunden einbüßt hatte. Sein Pferd, eine belgische Stute, die überwiegend als Kutschpferd eingesetzt und nur selten geritten worden war, hatte er erst 5 Wochen vor dem Distanzritt erworben.

    Von Reitzenstein ritt überwiegend im Trab und machte nirgendwo längere Rast (meist drei Stunden nach hundert Kilometern). Erst kurz vor dem Ziel zeigte sein Pferd Ermüdungserscheinungen. Leider bekam die Stute zwei Tage nach dem Ritt Fieber und starb trotz sorgfältiger Pflege einige Tage später an einer Lungenentzündung. Unter den schnellsten 10 Reitern konnten sich nur zwei deutsche Offiziere placieren. Neben von Reitzenstein auf Platz zwei konnte Hauptmann Förster in 75 Stunden und 14 Minuten Platz 5 belegen.

    Die ersten 12 Reiter blieben unter 80 Stunden. Eine grandiose Leistung von Pferden und Reitern. Das verhältnismäßig schlechte Abschneiden der deutschen Offiziere wurde dem falschen Training mit zu langen Ruhepausen zugeschrieben. Eine nicht unwesentliche Rolle dürfte gespielt haben, dass die kuk Offiziere besser beritten waren. Die leichten ungarischen Halbblüter waren ausdauernder als die deutschen Chargen-Pferde und englischen Vollblüter. Eine Rolle mag auch gespielt haben, dass die deutschen Reiter den schwierigen Teil der Strecke zum Ende hin absolvieren mussten, während die kuk Offiziere nach dem ersten Drittel praktisch nur noch bergab ritten.
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    Beitrag von Husaren14 Mo Okt 22, 2012 11:16 pm

    Hochinteressanter Bericht.

    Ich habe folgendes gefunden:

    Eine Ausfallstatistik von Kavalleriepferden aus dem 2. Weltkrieg.
    Die Ausfallquoten beziehen sich auf von der 1. Kavalleriedivision ausgehobenen Statistiken aus dem Jahre 1941. ( Diese bezieht sich nur auf die Leistungsfähigkeit und Durchhaltevermögen der Pferde im viereinhalb Monate lange dauernden Ostfeldzug; also Erschöpfung, innere Krankheiten, Lahmheiten und Druck – Feindeinwirkung, Unfälle und Entlaufene Pferde sind nicht berücksichtigt )
    Übersicht der Ausfallrate bei Warmblütern – Reitpferde und leichte Zugpferde:
    - Polnische Halbblüter 27,26%
    - Ostpreußisches Pferd 32,50%
    - Ungarische Pferde 32,96%
    - Tschechische, slowakische und jugoslawische Pferde 33,21% bis 34,79%
    - Sonstige deutsche Warmblüter (Bayern, Holsteiner, Württemberger usw.) 34,04%
    - Französische Warmblüter 34,27%
    - Hannoveraner und Mecklenburger 47,90%

    Es ist jammerschade, dass der Kommunismus die hervorragenden Pferdezuchten in Polen und Ungarn vernichtet hat.

    verfaßt von KBUlReg1
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    Beitrag von Husaren14 Mo Okt 22, 2012 11:18 pm

    Es läßt sich leider nicht eruieren wieviele Paare den Distanzritt vorzeitig abbrechen mußten. Wie nicht anders zu erwarten kam es zu Verletzungen und Erkrankungen die zur Aufgabe zwangen. Einige Pferde und Reiter waren schlicht am Ende ihrer Kräfte.

    Von entscheidender Bedeutung waren die Wahl des Tempos und die richtige Einteilung der Strecke. Einige Teilnehmer unternahmen Proberitte, um diesbezüglich Erfahrungen zu sammeln. Davon profitiert hat nur der kuk Ltn. Miklos, der schließlich 3. Plazierter wurde.

    Entsprechend der Anforderungen wurde die Fütterung der Pferde angepasst. Sie erhielten eine hohe Haferration (bis 10 kg) und wenig Heu während der kurzen nächtlichen Rast. In Böhmen und Mähren gab es erhebliche Fütterungsprobleme, da nur frisches Heu und frischer Hafer zu beschaffen war. Ein Teil der Pferde litt deshalb unter Durchfällen und Koliken. Ein Pferd ging an Kolik ein. Die eingesetzten Stärkungsmittel verursachen heute Kopfschütteln. Einige Reiter flößten ihren Pferden Cognac ein oder fütterten in Rot- oder Weißwein, sowie in Bier getunktes Brot. Zur Schmerzlinderung waren Kokain-Kugeln damals sehr beliebt.

    Es muß einen nicht wundern, daß Reiter die reichlich Tee tranken kaum unter Müdigkeit litten, während Reiter, die Alkohol konsumiert hatten, oft unter heftigen Müdigkeitsattacken litten und zum Teil auf dem Pferd einschliefen und herunterfielen.

    Trotz der langen Distanz traten so gut wie keine Satteldrücke auf. Lediglich bei einigen schwergewichtigen Reitern waren Drücke am Widerrist zu verzeichnen. Übel maltraitiert wurden allerdings einige Pferde durch den übermäßigen Einsatz der Sporen, was zu blutenden Flankenverletzungen führte.

    Meine bescheidenen Distanzerfahrungen sind natürlich nicht mit einem Ritt über 571 km vergleichbar. Wir haben allerdings die Erfahrung gemacht, daß ein gut konditioniertes Pferd mühelos und ohne Ermüdung 40 km gehen kann. Unser einziger Ritt über 75 km ist mir noch in lebhafter Erinnerung. Wir sind bei Temperaturen bis 30 Grad die erste Hälfte der Strecke in 6 Stunden geritten.
    Nach 3 Stunden wurde nur ein kurzer Stop zum Tränken der Pferde eingelegt. Nach 6 Stunden haben wir eine Pause von 1 Stunde gemacht, den Pferden eine größere Haferration vorgegeben und ausgiebig getränkt. Dann sind wir zum zweiten Teil aufgebrochen und erreichten unser Ziel nach weiteren 6 Stunden. Dabei sind wir jeweils längere Strecken leichtgetrabt und dann wieder Schritt geritten. Nur einmal haben wir uns einen frischen Galopp auf einem weichen Weg gegönnt. Nach etwa 50 km hatte ich die ersten Probleme, weil die Beine in den Stiefeln anschwollen und dadurch die Durchblutung litt. Ich bin deshalb in den Schrittpausen abgesessen und habe mein Pferd geführt. Dies war der Blutzirkulation sehr förderlich und man fühlte sich im Sattel danach wieder wohler. Am Ende unseres Rittes war mein englischer Vollblüter noch frisch und hätte sicherlich noch etliche Kilometer gehen können. Ich hingegen war froh, daß ich absitzen und meine Stiefel ausziehen konnte.

    Die Konsequenz dieses durchaus schönen Erlebnisses war, daß ich mir sogleich eine Jodpurhose und ein paar Stiefelletten zugelegt habe. Nie wieder werde ich bei längeren Distanzritten enge Lederstiefel anziehen.
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    Beitrag von Husaren14 Mo Okt 22, 2012 11:21 pm

    In den Berichten über die Distanzritte --> Literatur für unsere Reiter, wird dieses Problem auch beschrieben. Die Reiter führten ihre Pferde allerdings auch oft, so daß es wohl nicht so gravierend war. Außerdem waren diese Herren damals auch ein Stück jünger.

    verfaßt von KIR145
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    Beitrag von Husaren14 Mo Okt 22, 2012 11:23 pm

    Das Problem mit den Stiefeln hatte ich noch nicht. Ich bin bisher grundsätzlich mit Stiefeln auf allen Distanzritten geritten. Das hat einige Vorteile: Sie sind einigermaßen wasserdicht beim Durchreiten von Wasser. Außerdem ist man besser geschützt, wenn das Bein mal bei einem Sturz unters Pferd kommt.

    verfaßt von KBUlReg1

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