Speisen in der Soldatensprache
Der heute allgemein bekannte Begriff
„G u l a s c h k a n o n e“ für die fahrbare Feldküche soll im Herbst 1914 zu Beginn des Ersten Weltkrieges entstanden sein. Sie konnte auch
H u n g e r a b w e h r k a n o n e heißen.
Wenn vergeblich auf sie gewartet wurde, dann hieß es, der Soldat „ s c h i e b t
K o h l d a m p f“ oder „s c h n a p p t
L u f t k l ö ß e u n d W i n d s u p p e“. Die Speisekarte der hungernden Soldaten beinhaltete Gerichte wie „L u f t s u p p e u n d
W i n d b o u l e t t e“ .
Wenn es einfaches Essen gab, so konnte der Soldatenhumor auch dem Simpelsten noch besten Seiten abgewinnen. In Offizierskreisen hieß im Ersten Weltkrieg das Selterswasser „S e k t
i n Z i v i l“ und bei den niedrigen Chargen nannte man das Kommißbrot
„K a i s e r – W i l h e l m – T o r t e“ bzw.
„K a i s e r t o r t e“ oder
„K a i s e r k u c h e n“.
Andererseits wurde in der Truppe gern das Essen mit derben Vergleichen verächtlich gemacht. Der Kaffee heißt dann „S p ü l w a s s e r“ oder
„N e g e r s c h w e i ß“ und wenn er aus Ersatzstoffen gebrüht wurde konnte das Getränk
„O t t e r n s c h l e i m“ heißen.
Die Marmelade wurde schon vor hundert Jahren spaßig als „A t h l e t e n f e t t“ oder
„-s c h m i e r e“ bezeichnet. Gulasch war damals „E l e f a n t e n k l e i n“, die Erbsen mit Sauerkraut „L e h m und S t r o h“, dicker Reis mit Knackwürsten ist „b l a u e r H e i n r i c h m i t R e g e n w u r m“ genannt worden, Kartoffelklöße mit Rindfleisch waren
„G u m m i b ä l l e mit W i s c h h a d e r“ (zu Hader = Lumpen, Lappen), das Schmalz (auch Margarine) hießen „A f f e n f e t t“, der Handkäse „S c h u s t e r – oder
M a u r e r k o t e l e t t“ ja sogar als
„H a n d g r a n a t e“ deklariert , Rindfleisch (wohl wegen der Zähigkeit“ trägt den Namen
„K r o k o d i l f l e i s c h“. Die schwäbischen Spätzle sind „F i l z l ä u s e“, wobei auch die Griessuppe den Namen „F i l z l a u s s u p p e“ tragen kann. Die Graupen dagegen sind als
„K ä l b e r z ä h n e“, Linsen als
„G a m a s c h e n k n ö p f e“ und weiße Bohnen als „M a n s c h e t t e n k n ö p f e“ bekannt. Wenn die Erbsen hart und nicht gar waren, dann hießen sie bei der Truppe
„S c h r a p p n e l l k u g e l n“.
„S c h r a p p n e l l s u p p e“ war die Erbsen- oder Bohnensuppe. Es gibt zahllose weitere solcher kreativen Namensgebungen für die verschiedenen Nahrungsmittel und Gerichte: Mohrrüben sind
„M e s s i n g d r ä h t e“ oder auch
„P o l i z e i f i n g e r“, gelbe Rüben
„G a l g e n- oder S a r g n ä g e l“, Rübenstücke „G r a n a t s p l i t t e r“.
Der Weißkohl wurde als „F u ß l a p p e n“ oder „Q u a d r a t l a t s c h e n“ (eigentlich „große Stiefel“) bezeichnet. Folglich waren „F u ß l a p p e n mit F l ö h e n“ Weißkohl mit Kümmel.
Unter „H a n d g r a n a t e n mit
U n t e r s e e b o o t e n“ verstand man im Kaiserlichen Heer Pellkartoffeln mit Heringen. Das Sauerkraut nannte die Truppe
„S c h i e ß b a u m w o l l e“.
Mit „D r a h t v e r h a u“ konnte man gleichermaßen Sauerkraut wie auch Fleischkonserven, Dörrgemüse oder Nudeln meinen. Die Makkaroni sind ebenso martialisch als
„G e w e h r l ä u f e“ und Nudeln als
„G a r d e l i t z e n“ bezeichnet worden.
Quellen:
Günther, L.: Die deutsche Gaunersprache und verwandte Geheim- und Berufssprachen. Gießen 1919.
Horn: Die deutsche Soldatensprache. Gießen 1905.
Und wenn es Freitags Fisch geben sollte:
Der Hering hieß im Kaiserlichen Heer
„S c h n e i d e r- oder
S c h u s t e r k a r p f e n“ oder auch die
„S c h ü t z e n g r a b e n f o r e l l e“.
Bei der Marine dagegen war er der
„S e e s o l d a t“ oder der „S e e k a d e t t“ bzw. hießen sämtliche Speisefische allgemein
„A u ß e n b o r d s k a m e r a d e n“.
Bea ergänzte am 31.01.2010: Kleiner Hinweis zum Feldkochherd (umgangssprachlich Gulaschkanone), dieser ist 1892 von Karl Rudolf Fissler von der Firma Fissler aus Idar-Oberstein entwickelt worden.
Siehe hierzu:
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