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    Der junge Offizier

    Husaren14
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    Der junge Offizier Empty Der junge Offizier

    Beitrag von Husaren14 Fr Sep 14, 2012 9:00 pm

    Nachfolgender Text ist der Zeitschrift des Auktionshauses Kube "Die Tradition" Nr. 74 und 75 entnommen. Da hier einige Dinge besprochen werden, die wir bereits diskutiert haben, will ich hier den Text ungekürzt wiedergeben.



    Der junge Offizier

    im

    öffentlichen und gesellschaftlichen

    Leben


    Verfaßt für die Kriegsschüler



    München, 1906




    Kriegsschule, München. 1. Mai 1906



    Was hier für den jungen Offizier gesagt ist, gilt in gleicher Weise für den Fähnrich, insofern nicht Ausnahmen ausdrücklich erwähnt sind.

    Über manche der in den nachfolgend Ziffern zur Besprechung kommenden Sitten und Gebräuche bestehen da und dort etwas abweichende Anschauungen; durch rechtzeitige Erkundigung bei Bekannten oder Kameraden werden auftretende Zweifel leicht zu beseitigen sein.

    von Lachemair


    Inhalt


    1. Allgemeines

    2. Anzug und Haltung

    3. Öffentlicher Verkehr
    a) Allgemeines
    b) Straße, Trambahn, Reisen
    c) Lokale, Theater, Konzerte
    d) Tanzunterhaltungen
    e) Reiten

    4. Verhalten beim Essen

    5. Verhalten in der Offizierspeiseanstalt

    6. Besuche

    7. Einladungen

    8. Schriftlicher Verkehr

    9. Geldwirtschaftliche Verhältnisse



    1. Allgemeines

    Im öffentlichen und besonders im gesellschaftlichen Leben gibt es eine Reihe von Sitten und Gebräuchen, denen sich der den besseren Ständen Angehörende nicht entziehen darf, ohne sich dem Vorwurfe mangelnder Bildung auszusetzen.

    Allerdings beruhen die meisten solcher Sitten und Gebräuche mehr oder minder auf Äußerlichkeiten und es wird der Mann von Charakter sich gewiß davor hüten, einen Menschen nur nach diesen und nicht in erster Linie nach seinem inneren Werte zu beurteilen; im Allgemeinen denkt aber die Welt nicht so gerecht und gründlich; sie bildet sich ihr Urteil und ihre Sympathien meistens nach der äußeren Erscheinung und dem Auftreten des Menschen.

    Der Offizier hat im öffentlichen Leben eine Ausnahmestellung; er fällt schon durch seine Kleidung Jedermann ins Auge und ist dadurch in höherem Maße als jeder Andere dem kritischen Urteil der Menge ausgesetzt.

    Er muß sich daher auch in höherem Maße nicht nur seiner Rechte, sondern vor Allem seiner Pflichten bewußt seinund dabei stets im Auge behalten, daß jede Würdelosigkeit, jede Verfehlung des Einzelnen den ganzen Stand belastet.



    2. Anzug und Haltung


    Die ganze Erscheinung des Offiziers sei gerade und stramm, flott und gediegen; seine Bewegungen sollen elegant und vornehm sein und dürfen nicht den Eindruck der Unbeholfenheit und Befangenheit machen; müde, nachlässige Haltung und Bewegung, sowie geziertes Wesen, die vielfach als Zeichen der Vornehmheit angesehen werden, sind eines Mannes und Soldaten unwürdig. Er muß vielmehr seinen Stolz darein setzen, in seinem Auftreten Kraft und Energie zu zeigen. Was die Kleidung anbelangt, so muß man erkennen, daß der junge Offizier auf sein Äußeres etwas hält, andererseits aber alles streng verabscheut, was die Mode an Auswüchsen zeitigt. Auch im Zivilkleide soll der Offizier Sorgfalt und guten Geschmack bekunden und sich nicht aus übertriebener Sparsamkeit derart kleide, daß man in dem Träger des Kleides alles andere eher als einen Offizier vermutet.



    3. Im öffentlichen Verkehr

    a) Allgemeines


    Der junge Offizier muß es vermeiden unberechtigtes Aufsehen zu erregen oder gar herausfordernde Überhebung gegenüber Angehörigen anderer Berufsklassen an den Tag zu legen. Er soll dem großen Publikum das beste Beispiel in der Verfolgung der für den öffentlichen Vekehr geltenden Vorschriften geben z. B. rechts reiten, fahren und radfahren; nicht auf den Fußsteigen reiten und radfahren, sich nicht in die vollbesetzte Trambahn drängen etc.

    Bei Unglücksfällen hat der Offizier die beste Gelegenheit, sich im besten Lichte zu zeigen, wenn er sich nicht scheut, persönlich und entschlossen zuzugreifen. Damen, älteren und schwächlichen Personen jeden Standes gegenüber sich stets hilfbereit zu zeigen, betrachte er als eine vornehme Pflicht allgemeiner Menschenfreundlichkeit.

    In guter Gesellschaft zu verkehren, muß Bedürfnis jedes Offiziers sein. Dort, wie durch den Besuch von Theatern, Konzerten, Museen, Ausstellungen, Vorträgen etc wird er seine allgemeine Bildung vertiefen und erweitern.

    Bei richtiger Einteilung seines täglichen Lebens wird er die Zeit dazu finden, ohne deshalb seine Berufspflichten zu vernachlässigen, die stets im Vordergrund bleiben müssen.

    Ein nach diesen Grundsätzen geregeltes Leben schützt den jungen Mann am Besten vor den Gefahren des Spiels und des ausscheifenden Lebenswandels. Tolle Streiche, Zechereien usw. werden jungen Leuten des Zivilstandes oft nicht verübelt, wohl aber dem Offizier. Besondere Vorsicht ist Betrunkenen und rohen, ungebildeten Menschen gegenüber geboten; man reize sie nicht, entziehe sich rechtzeitig dem Verkehr mit ihnen oder weiche ihnen am besten ganz aus. Dies darf aber nicht den Anschein schwächlicher Furcht erwecken, sondern muß unter voller Wahrung der äußeren Würde geschehen.

    Bezüglich des Verkehrs mit dem anderen Geschlechte bleibt zu bedenken, daß man an der Art, wie ein Mann den Frauen begegnet, mit Sicherheit den Grad seiner Bildung bemessen kann. Höflichkeit und liebenswürdige Zuvorkommenheit gegen Alle, nicht nur gegen die, die sich noch der Jugend und eines angenehmen Äußeren erfreuen, müssen die Richtschnur seines Auftretens gegen Damen sein. Große Vorsicht erscheischt die Unterhaltung zwischen Herren und Damen. Vieles von dem, was Herren recht wohl interessieren kann, ist in Damengesellschaft ausgeschlossen. Man unterlasse alle Fragen nach persönlichen Verhältnissen und behellige vor allem die Damen nicht mit Unterhaltungsgegenständen, die naturgemäß nur Männer vom Fach verstehen. Ganz besonders aber hüte man sich vor einem zu freien Ton und vor zweideutigen Witzen, die eine Geringschätzung der Damen bedeuten und immer ein Zeichen schlechter Erziehung sind.

    Im gesellschaftlichen Verkehr gilt als Regel, daß der Jüngere dem Älteren, der Ankommende dem Anwesenden, der Herr der Dame sich vorstellt oder vorstellen läßt. Damen und wesentlich älteren Herren des Militär- und Zivilstandes läßt man sich im allgemeinen vorstellen.

    Die Art des Grüßens kennzeichnet den Mann. Wenn die Rangverhältnisse auch einen allgemeinen Anhalt dafür geben, wer zuerst grüßt, so darf es unter Offizieren gleichen Dienstgrades doch nicht vorkommen, daß Einer auf den Gruß des Anderen wartet; das wäre kleinlich und lächerlich. Die Offiziere sollen durch die Art des Grußes der Außenwelt zeigen, wie sehr sie sich gegenseitig achten und daß die guten Sitten in ihrem Stande zu Hause sind. Unter keinen Umständen darf man also einen Kameraden schlecht grüßen oder gar ihn absichtlich übersehen. Verdient er unsere Achtung nicht mehr, so gibt es kein anderes Vorgehen gegen ihn als die Meldung an den Ehrenrat.

    Beim Gruß selbst bringt man die ganze rechte Hand und nicht nur ein bis zwei Finger an die Kopfbedeckung. Zigarre oder Reitstock sind in die linke Hand zu nehmen; ein Grüßen mit der Peitsche durch Senken derselben ist unstatthaft. Bei Begrüßung von Ranghöheren ist der Säbel eingehakt oder am Griff zu halten; es ist verboten, ihndabei schleppen zu lassen; auch soll man es vermeiden, ihn während des Grußes waagerecht in der Hand oder unter dem Arm zu tragen; ein Gebot der Schicklichkeit ist es ferner, die linke Hand auch jüngeren Kameraden und Zivilpersonen gegenüber aus der Manteltasche zu nehmen.

    Mit der linken Hand darf nur dann gegrüßt werden, wenn man eine Dame am Arme führt oder wenn der rechte Arm gebrauchsunfähig ist. Befindet der Offizier sich in Damenbegleitung, so ändert das nichts an seiner Verpflichtung zum Grüßen des Ranghöheren. Dessen Gruß abzuwarten überlasse man der Dame.

    Im öffentlichen Verkehr wahre der Offizier die unbedingte Verschwiegenheit über dienstliche Verhältnisse. Vorsichtige Zurückhaltung soll ihn hindern, über Vorgesetzte oder Kameraden, über besondere dienstliche Vorkommnisse oder dergl. zu Personen des Zivilstandes oder Damen zu sprechen; selbst Kameraden, die nicht dem engeren Kreis des Truppenteils anhehören und der eigenen Familie gegenüber sind Schranken einzuhalten. Der Offizier darf eben kein Schwätzer sein; er soll stets bedenken, daß er für das gesprochene Wort auch dann eizutreten hat, wenn es von Unberufenen aufgefangen und weiter verbreitet wird.


    b) Verhalten auf der Straße, in der Trambahn und auf Reisen

    Beim Ausweichen gebietet die Höflichkeit, daß man den Bürgersteig immer den älteren Personen und den Damen überläßt; im übrigen gilt als Regel, nach rechts auszuweichen. Ein arger Verstoß gegen den guten Ton ist es, wenn man auf der Straße plötzlich stehen bleibt und sich nach Vorübergehenden, besonders Damen und Mädchen auffällig umwendet. Ebenso unpassend ist es, auf der Straße gewohnheitsmäßig den Säbel schleppen zu lassen.

    In der Trambahn bietet man den Damen, die keinen Sitzplatz finden, oder in der gleichen Lage befindlichen älteren, gebrechlichen Personen, denen das Stehen ersichtlich schwer fällt, seinen Sitzplatz an. Eine derartige Rücksichtnahme selbst auf Angehörige niederer Stände kann das Ansehen unseres Standes in der Allgemeinheit nur heben.

    Der in der Trambahn sitzende Fähnrich grüßt Vorgesetzte lediglich durch Annahme gerader Haltung.

    Auf Reisen führe der Offizier stets sein Patent mit sich und verschweige in Hotels nie seinen Stand, da er sonst leicht in eine unangenehme Lage kommen kann. Treffen im Eisenbahnabteil Offiziere zusammen, so verlangt es die gute Sitte, daß sie sich gegenseitig vorstellen. Sehr vorsichtig sei man dagegen auf Reisen im Verhalten fremden Personen gegenüber. Der Verkehr wird häufig ein leichterer und ungezwungenerer bleiben, man verpflichtet sich gegenseitig weit weniger, wenn man sich unbekannt bleibt. Sache des persönlichen Gefühls wird es sein, den Zeitpunkt zu erfassen, zu dem eine Vorstellung angezeigt ist. Auch mit dem Begrüßen von Fahrgästen beim Einsteigen lasse man Vorsicht walten. Der heutige Verkehr bringt den reisenden Offizier mit so verschiedenartigen Elementen zusammen, daß er bei zu entgegenkommendem Wesen sehr leicht in die Lage kommt, einer ungezogenen Nichtachtung zu begegnen oder durch den Gruß mit Persönlichkeiten in Berührung zu kommen, denen er besser ausgewichen wäre.

    Auch in den Rauchabteilen, in denen bisher nicht geraucht wurde, ist es üblich, die Damen zu fragen, ob sie das Rauchen gestatten.


    c) Verhalten in Lokalen, Theatern, Konzerten u.s.w.

    In Lokalen haben gröbliche Verletzungen des guten Tons schon häufig peinliche Auftritte hervorgerufen und nicht selten sind die Fälle, in denen gegen Offiziere, die in eine solche Sache verwickelt wurden, infolge ihres unrichtigen und nicht tadelfreien Verhaltens ehrengerichtlich vorgegangen werden mußte. Man vermeide daher Alles, was die übrigen Gäste belästigen oder reizen könnte, kurz jedes auffällige, unwürdige Benehmen. Dazu gehört das sogenannte Fixieren, das Spielen mit Hunden, eine zu laute Unterhaltung u.s.w. In der Wahl seines Gesprächsstoffes sei man vorsichtig, weil immer die Gefahr nahe liegt, daß ein unbedachtes Wort von einem Unberufenen aufgefangen und ausgebeutet wird. Damen, die in Herrenbegleitung sind, andauernd ins Auge zu fassen, führt sehr leicht zu unangenehmen Vorkommnissen. Sollten aber wirklich Streitigkeiten entstehen, so darf der Offizier sich nie zu deren Erledigung aus dem Lokal hinausrufen lassen oder die Vermittlung eines Kellners oder einer Kellnerin annehmen; man wendet sich in solchen Fällen stets an eine dritte, auf gleicher gesellschaftlicher Stufe stehende Person oder man veranlaßt persönlich eine gegenseitige Überreichung der Karten und verläßt dann alsbald das Lokal.

    Beim Besuch eines Theaters, Konzertes oder eines Vortrags ist zu beachten, daß Zuspätkommen, Plaudern während der Aufführung oder Verursachen lauten Geräusches das Publikum belästigt und eine Rücksichtslosigkeit gegen diese ist. Peinliche, öffentliche Zurechtweisungen müssen dafür oft hingenommen werden. In der Garderobe ist es höflich, einer bekannten Dame, einem Vorgesetzten oder älteren Kameraden bei der Erlangung der Kleidungsstücke, beim Anziehen des Mantels behilflich zu sein. Diese Gefälligkeit ist auch alleinstehenden fremden Damen gegenüber angezeigt, die sich in nächster Nähe des Offiziers befinden und ersichtlich Schwierigkeiten mit dem Anlegen ihres Mantels etc haben.

    Tragen von Zivilkleidung ist nur auf den Plätzen angängig, die von Offizieren in Uniform nicht eingenommen werden können. Im Hof- und Residenztheater kann ein zum Standort München gehöriger Offizier überhaupt nur dann in Zivilkleidung erscheinen, wenn er die Erlaqubnis zu deren Tragen hat.

    Ein einen Sitzplatz einnehmender Fähnrich grüßt Vorgesetzte durch Erheben vom Sitz nur dann, wenn, wie in Zwischenpausen, auch ein Teil des Publikums steht, andernfalls nimmt er Haltung an.



    d) Tanzunterhaltungen

    Der junge Offizier soll sich aus Ritterlichkeit den Damen gegenüber sehr rege am Tanze beteiligen. Die vornehme Sitte, sich auch älterer und weniger hübscher Damen anzunehmen, wird bei Offiziersunterhaltungen zur unbedingten Pflicht. Im Ballsaale, insbesondere beim Tanzen selbst, sind die Handschuhe stets angezogen; selbstverständlich trägt man bei diesen Gelegenheiten nur Glacehandschuhe, die berittenen Offiziere außerdem Tanzsporen.

    Wenn die Paare durch Tanzkarten an die Tänze gebunden sind, so tanzt man mit seiner Dame den gesamten Tanz durch. Will man bei dieser Tanzordnung vorübergehend mit einer Dame tanzen (sog. hospitieren), die den Tanz an einen anderen Tänzer vergeben hat, so stellt man sich diesem vor und bittet ihn und die betreffende Dame um die Erlaubnis, hospitieren zu dürfen. Die Dame ist alsdann nach einmaligem Tanz um den Saal ihrem Herrn wieder zuzuführen. Bei Reihentänzen hat der Herr die Verpflichtung, für das Gegenüber zu sorgen; er stellt sich dann auch den in der Gruppe mittanzenden und den unmittelbar anschließenden Paaren vor. Bei Hausbällen ist es Pflicht jedes Gastes, daß er die Hausfrau und deren Töchter wenigstens einmal zum Tanze auffordert.



    e) Reiten

    Beim Reiten in der geschlossenen Bahn hat man sich an die dafür geltenden besonderen Bestimmungen zu halten. Wer im Schritt reitet muß den Hufschlag frei machen, um den übrigen Reitern die Möglichkeit zu einer höheren Gangart nicht zu nehmen. Aus dem gleichen Grunde besorgt man das Absitzen, Richten der Bügel u.s.w. auf der Mittellinie. Zu vermeiden ist ein zu nahes Vorbeireiten an anderen Pferden, weil dadurch leicht ein Unglücksfall vorkommen oder wenigstens eine Beunruhigung der Pferde eintreten kann. Unbekannten Offizieren oder Damen, die die Reitbahn mitbenützen, stellt man sich vor oder läßt sich vorstellen.

    Reitet der Offizier im Freien, dann darf er nicht auf Straßen oder öffentlichen Reitwegen ein förmliches Jagdreiten veranstalten oder sich durch seine Reitkünste die Bewunderung des Publikums erringen wollen; die Grenze des Lächerlichen wäre dabei bald erreicht. Die polizeilichen Bestimmungen über Benutzung von Fußwegen u.s.w. müssen vom Offizier unbedingt beachtet werden, schon weil es zum mindesten recht peinlich ist, sich eine Zurechtweisung von berufener oder unberufener Stelle zuzuziehen. Ebenso vermeide man es, Flurschaden zu verursachen. Beim Vorreiten ist die Gangart so zu wählen, daß der zu Überholende nicht mit Schmutz oder Sand beworfen wird.

    Reitet ein Fähnrich mit einem Offizier, so ist er bei Begegnung eines diesem im Range nachstehenden Offiziers von der vorgeschriebenen Abminderung der Gangart entbunden.



    4. Verhalten beim Essen

    Unsere Lebensweise sei soldatisch einfach und halte sich fern von verweichlichendem Luxus. Bei Tisch befleißige man sich einer geraden anständigen Haltung; man vermeide es, sich mit den Ellbogen auf den Tisch zu stützen, oder sich gegen den Teller herabzubeugen und den Mund zu nahe an diesen zu bringen u.s.w.

    Die Serviette wird auf das Knie gelegt und nicht durchs Knopfloch gezogen oder in den Kragen gesteckt; bei Einladungen darf man nicht Messer und Gabel vor dem Gebrauch mit der Serviette abwischen, wie dies in öffentlichen Lokalen vielleicht angehen mag; die Serviette wird nach Gebrauch nicht zusammengelegt.

    Der Löffel soll beim Verzehren der Suppe nicht zu voll genommen werden, da das Überlaufen der Flüssigkeit unappetitlich ist; man führe ihn mit der Spitze zum Munde und vermeide ein geräuschvolles Ausschlürfen über die Langseite hinweg.

    Die Gabel halte man beim Schneiden nicht zu senkrecht, um ein Ausgleiten zu verhindern; man hört dann nicht jene unangenehm schrillen Laute und es werden keine Teile der Speisen über den Tisch fliegen.

    Das Messer dient nur zum Schneiden der Speisen auf dem Teller; man fährt damit nicht in das Salzfäßchen und am allerwenigsten zum Munde. Während des Sprechens, das nie mit vollem Munde geschehen darf, halte man nicht Messer und Gabel senkrecht zur Tischplatte oder fahre nicht damit in der Luft herum, sondern man legt das Besteck am besten auf den Teller.

    Werden die Speisen herumgereicht, so suche man nicht lang, sondern nehme gewandt und schnell; man nehme auch nicht zu viel heraus. Speisen, die man bereits angestochen hat, müssen von der Platte genommen werden, solche die man schon ergriffen hat, dürfen nicht mehr dahin zurückgelegt werden.

    Das Fleisch von vorneherein in kleine Stücke zu schneiden, ist unpassend, ebenso das Eintauchen von Brot in die Tunke. Brot wird stets gebrochen, nicht geschnitten.

    Beim Zerlegen und Speisen von Geflügel lasse man die Finger ganz aus dem Spiel; Krebse, Austern, Spargel u.s.w. lassen den Gebrauch der Finger zu.

    Fische ißt man nur dann mit Messer und Gabel, wenn ein eigenes Fischbesteck zur Verfügung steht, sonst nimmt man in die linke Hand etwas Brot und in die rechte Hand die Gabel.

    Obst schält man mit dem dazu bestimmten Horn- oder Silbermesser.

    Backwerk, Kuchen etc ißt man mit der Hand, mit Löffel oder Gabel, nie aber mit dem Messer.

    Beim Trinken vermeide man das Schlürfen, beim Essen das höchst unpassende Schmatzen.

    Zu beachten ist ferner, daß man an den Speisen nicht riecht, nur kleine Bissen in den Mund führt, diesen während des Beißens schließt.

    Hat man Zweifel, wie man eine Speise essen soll, so warte man in unauffälliger Weise ab, wie sich gesellschaftlich Gewandtere verhalten. Es ist dies besser, als sich durch voreiliges ungeschicktes Handeln lächerlich zu machen.

    Zum Zeichen, daß man mit dem Essen fertig ist und ein Nachservieren nicht mehr wünscht, legt man Messer und Gabel nebeneinander, mit den Griffen nach rechts zeigend, auf den Teller. Liegen Messer und Gabel gekreuzt, so bedeutet dies nicht, daß man mit dem Essen fertig ist, sondern nur, daß man damit etwas aussetzen will.



    5. Verhalten in der Offizier-Speiseanstalt

    So frisch und lebenslustig der junge Leutnant auch sein soll, so darf er doch in seinem zweiten Heim, der Offizier-Speiseanstalt, nie die Grenzen des Taktes und Anstandes überschreiten. Er bedenke wohl, daß anwesende Angehörige des Beurlaubtenstandes, Gäste, Ordonnanzen nach dem was sie hören und sehen, die Denkweise, Dienstauffassung und das außerdienstliche Leben des Einzelnen wie des ganzen Offizierkorps beurteilen und in die Außenwelt tragen.

    Die Anordnungen des Tischältesten, der für die Wahrung der guten Sitten verantwortlich ist, sind zu befolgen; älteren Kameraden gegenüber zeige man stets ein bescheidenes, zuvorkommendes Wesen.

    Bezüglich des Unterhaltungsstoffes vergesse der junge Offizier nie, daß es kein Zeichen hohen Bildungsgrades ist, sich mit Zotenreißen hervorzutun; ebensowenig geziemt es sich, sich in Klatschereien über dienstliche und private Angelegenheiten zu ergehen. Manche Mißhelligkeiten unter den Offizieren sind auf solch unwürdiges Benehmen zurückzuführen.

    Treten Meinungsverschiedenheiten auf, so muß die gute Erziehung Gewähr dafür bieten, daß man im Verfechten der eigenen Ansicht nicht maßlos wird; man bedenke, daß es eine schlechte Lebensart verrät, immer Recht und das letzte Wort haben zu wollen. In solchen Fällen wird es sich empfehlen, heftig werdende Auseinandersetzungen einfach abzubrechen und sich dadurch der Gefahr nicht wieder gut zu machender Beleidigungen zu entziehen.

    Sind in der Speiseanstalt Gäste zugegen, so stellt man sich ihnen vor, sorgt für ihre Unterhaltung und nimmt sich ihrer nach jeder Hinsicht an. Nach aufgehobener Tafel widmet man sich, soweit der Dienst es erlaubt, der Unterhaltung des Gastes, bis dieser selbst das Zeichen zum Aufbruch gibt.

    Mit dem Trinken sei man vorsichtig; jeder muß wissen, wie viel er sich zutrauen darf und diese Grenze soll der junge Offizier unbedingt einhalten, damit er nicht den Kameraden und Ordonnanzen den abstoßenden und häßlichen Anblick eines Berauschten bietet. Haben sich Kameraden nach dieser Richtung vergessen, so ist es eine Ehrenpflicht der Übrigen, alles zu tun, was unseren Stand vor hämischen Angriffen von Außen schützt; man wird also trachten, einen solchen Kameraden möglichst bald und unauffällig, womöglich in geschlossenem Wagen, nach Hause zu bringen.

    Offizielle Festmahle, wie z. B. an den Allerhöchsten Geburts- und Namenstagen sind als Dienst aufzufassen und lassen keine Absage ohne triftigen Grund zu. Für die Dauer der Anwesenheit bei einem Festessen gilt als Regel, daß kein Offizier des Regiments sich entfernt, solange hohe Gäste und der Kommandeur noch anwesend sind; im übrigen zeigt zu frühes Aufbrechen ohne besonderen Grund, daß das Gefühl der Zusammengehörigkeit und der Sinn für geselliges Zusammensein mit den Kameraden nicht sehr ausgeprägt sind.

    Trinkt ein Vorgesetzter dem Offizier zu, so erhebt sich dieser von seinem Platze und trinkt gemeinsam mit dem Vorgesetzten. Einem Vorgesetzten mit dem ZUtrinken zuvorzukommen ist unmilitärisch. Ebensowenig ist es angängig, einem Vorgesetzten durch eine Ordonnanz mitteilen zulassen, daß man auf sein Wohl trinke: man begibt sich vielmehr selbst zum Vorgesetzten und bittet ihn, das Glas auf sein Wohl leeren zu dürfen.



    6. Besuche

    Der Offizier ist verpflichtet bei sämtlichen verheirateten Offizieren und Sanitätsoffizieren des Regiments Besuch zu machen. In kleineren Garnisonen besten außerdem meist Listen derjenigen Zivilpersonen, bei denen der Offizier in der Regel ebenfalls seine Aufwartung macht.

    Eine Verpflichtung zu einem Besuche erwächst uns ferner, wenn uns jemand einen Dienst geleistet hat. Selbst wenn er uns bis dahin fremd gewesen ist, sind wir ihm in einem solchen Falle einen Besuch schuldig.

    Notwendig wird ein Besuch auch dann, wenn man eine Einladung in ein Haus, das man bis dahin noch nicht besucht hatte, empfangen und angenommen hat; man hat dann in den nächsten Tagen, spätestens am Tage vor dem Feste seinen Besuch zu machen.

    Bei Versetzungen macht man bei allen Familien, mit denen man in näherem Verkehr war, Abschiedsbesuche.

    Außer dem ersten Besuch ist es üblich, den Familien, mit denen man im Verkehr bleiben will, alljährlich in den Monaten Oktober oder November einen sogenannten Saisonbesuch abzustatten. War man zum Frühstück, Mittag-, Abendessen oder zu einem größeren Tee eingeladen, so macht man innerhalb der nächsten 14 Tage einen Dankbesuch, eine Sitte, die übrigens nicht mehr allgemein ist.

    Zur Kriegsschule kommandierte Fähnriche auswärtiger Standorte machen innerhalb der ersten drei Wochen ihres Aufenthaltes in München bei sämtlichen hierher kommandierten Offizieren ihres Regiments Besuch.

    Besuchszeit ist von 11:30 bis 1 Uhr Mittags, an vielen Orten 4 - 5 Uhr Nachmittags. An Festtagen wie z. B. 1. Weihnachts-, 1. Oster-, 1. Pfingstfeiertag, Gründonnerstag, Charfreitag, Fastnachtssonntag oder Fastnachtsdienstag, Aschermittwoch ist es nicht üblich, Besuche zu machen.

    Der Anzug ist für Offiziere Überrock, Helm. Zu Besuchen das Fahrrad zu benutzen ist unpassend. Begegnet man den Personen, denen man einen Besuch machen wollte, auf der Straße oder sonst außerhalb des Hauses, dann ist es ausgeschlossen, seine Absicht noch auszuführen; doch kann man sie mündlich zum Ausdruck bringen, was aber nicht von einem späteren Besuch entbindet, es sei denn, daß ausdrücklich dafür gedankt wird.

    Fahren Unverheiratete im Wagen vor, so müssen sie sich persönlich in die Wohnung begeben und dürfen nicht durch einen Diener die Karten abgeben lassen.

    Die Anfrage beim öffnenden Dienstboten lautet: "Empfangen die Herrschaften?" und nicht: "Sind die Herrschaften zu Hause?" Wird man nicht vorgelassen, so gibt man bei Unverheirateten eine, bei Verheirateten zwei Karten ab, die man auf einer Seite bricht; für unverheiratete Töchter darf man keine Karten abgeben.

    Wird man angenommen, so gibt man in den Fällen, in denen man den zu besuchenden Herrschaften noch nicht bekannt ist, dem Dienstboten eine nicht gebrochene Karte zur Anmeldung. Eine weitere Vorstellung ist dann nicht mehr nötig. Man legt Mantel und Gummischuhe ab, (Kragenschoner nicht zu vergessen), behält den Helm in der Hand, Seitengewehr und Handschuhe angezogen. Beim Eintreten in das Empfangszimmer begrüßt man zuerst die Dame des Hauses, hierauf den Hausherrn und dann die übrigen Anwesenden, auch wenn sich unter diesen Vorgesetzte befinden. Zur Verbeugung nimmt man den Helm, Wappen nach vorne, mit der Spitze in die rechte, den Säbel in die linke Hand. Der Fähnrich grüßt Vorgesetzte durch Annehmen von Haltung und nicht durch Verbeugen. In manchen Kreisen ist es üblich, daß die Herren verheirateten oder nicht mehr ganz jungen Damen ihre Ehrerbietung durch Handkuß bezeugen, ohne daß jedoch hierfür ein Zwang bestände. Keinesfalls darf man jungen unverheirateten Damen die Hand küssen. Im Besuchszimmer anwesenden, unbekannten Personen läßt man sich vorstellen, oder man stellt sich, wenn der Herr oder die Damedes Hauses im Empfangszimmer noch nicht anwesend sind, selbst vor.

    Das Handreichen geht stets von der Dame oder dem an Jahren Älteren aus. Der junge Offizier warte daher ab, ob ihm die Hand geboten wird.

    Ein Herr nimmt im Allgemeinen nicht auf dem Sopha Platz, überläßt das vielmehr den Damen; will ihm jemand einen Stuhl bringen, so eilt er entgegen und nimmt den Stuhl ab. Den Helm behält man auf dem Schoß, oder man stellt ihn auf einen Stuhl oder auf den Boden, nie aber auf einen Tisch.

    Bemerkt man, daß die Herrschaften ausgehen wollen, so kürzt man den Besuch möglichst ab; offizielle Besuche sollten nicht länger als 10 Minuten dauern.

    Bei der Verabschiedung begibt man sich so zur Türe, daß man Front zu den den Besuch Empfangenden behält; vor dem Austritt macht man nochmals eine Verbeugung.

    Die Visitenkarten müssen in Papier und Druck eine gewisse Feinheit zeigen. Die Aufschrift soll Vor- und Zunamen, Dienstgrad und Dienststellung enthalten; in großen Städten ist es geboten rechts unten Straße und Hausnummer anzugeben.

    Einzelne Worte auf der Visitenkarte auszustreichen ist unpassend.

    Die Sitte, auf den Karten in französischen Abkürzungen den Zweck eines Besuchs anzugeben, ist fast ganz abgekommen.

    Derartige Abkürzungen sind:

    p.r.v. = pour rendre visite (allgem. Besuch)#

    p.f. = pour feliciter (Glückwunschbesuch)

    p.p.c. = pour prendre conge (Abschiedsbesuch)

    p.c. = pour condoler (Beileidsbesuch)

    p.r. = pour remercier (Dankbesuch)

    Der Offizier vermeide diese Reste aus früherer Zeit. Es wird überhaupt nur in seltenen Fällen nötig sein, den Zweck des Besuchs auf die Karte zu Schreiben; wenn aber, dann wähle man eine kurze Fassung in deutscher Sprache. z. B.: Gestattet sich, sich vor seiner Abreise zu verabschieden oder u.A.z.n. (um Abschied zu nehmen).

    Wird ein Offizier in eine andere Garnison versetzt und er müßte viele Abschiedsbesuche machen, ohne aber die Zeit dazu zu haben, dann schickt ermit der Post Karten, auf denen er nach obigem Beispiel seine Absicht kund gibt.



    7. Einladungen

    Zu- und Absagen bei Einladungen müssen möglichst sofort erfolgen. Ohne zwingenden Grund abzusagen, ist im Allgemeinen verletzend und daher besonders gegen Vorgesetzte zu vermeiden. Eine grobe Taktlosigkeit ist es aber, wenn man sich zur Zeit einer Einladung, zu der man abgesagt hat, auf der Straße oder in Gasthäusern sehen läßt.

    Antworten auf Einladungen erfolgen stets schriftlich. Sie gehen aus entweder von "Herr und Frau" oder nur von "Herr X." oder nur von "Frau Y". Im ersteren Fall richtet man im Allgemeinen die Antwort und nur wenn man diese nicht persönlich kennt an "Herrn und Frau"; in den beiden anderen beiden Fällen an den Herrn bzw. an die Frau.

    Die Antworten gibt man entweder in Briefform oder man kann ihnen auch die nachfolgende abgekürzte Fassung geben:

    An Vorgesetzte: unliniertes weißes Briefpapier, gewöhnliches Format, (Größe 12 1/2 : 20) oder weßer Briefkarton (Größe etwa 14 1/2 : 10). In den übrigen Fällen: weißer Briefkarton. Die Visitenkarte ist in allen Fällen ausgeschlossen.

    Beispiele: a) für Zusage an Vorgesetzte

    Leutnant N. dankt gehorsamst für die auszeichnende Einladung für 17. Februar
    Abens 8 Uhr und wird sich die Ehre geben.
    ihr Folge zu leisten.
    München, 12. Februar 1906

    b) einer Zusage an sonstige nahestehende Persönlichkeiten:

    Leutnant N. dankt verbindlichst für die
    liebenswürdige Einladung zum 17. Februar
    Abends 8 Uhr, beddauert aber unendlich
    ihr nicht Folge leisten zu können, da er zu fraglicher Zeit beurlaubt ist.
    München, 12. Februar 1906

    Zu Einladungen bei Vorgesetzten, Gleichgestellten und Zivilpersonen zum Frühstück, Mittag- oder Abendtisch trägt der Offizier, wenn auf der Einladung kein anderer Anzug vermerkt ist, stets Gesellschaftsanzug, zu Theeeinladungen Überrock, Mütze. In Zweifelsfällen empfiehl es sich, mit den übrigen Eingeladenen über den Anzug ins Benehmen zu treten.

    Pünktlich zu erscheinen, ist eine Forderung des guten Tons; beim Eintreten ist es vielfach noch Sitte, mit Säbel und Helm (Mütze) die Gastgeber zu begrüßen und dann erst abzulegen; wird man gebeten, dies vorher schon zu tun, so beläßt man beim Eintreten die Handschuhe an.

    Der Dame des Hauses Blumen zu überreichen, ist nur bei näherem Bekanntsein mit der Familie angängig.

    Vor Tisch erkundigt man sich nach der Dame, die man zu Tisch zu führen hat, und stzt sich erst, wenn die Damen Platz genommen haben.

    Bei der Unterhaltung vermeide man, sich zu sehr vorzudrängen oder das Gespräch ganz an sich zu reißen. Vorgesetzten zuerst zutrinken darf nur der Hausherr.

    Gibt die Hausfrau das Zeichen zum Aufstehen, so ist es unschicklich, noch vorher rasch das Glas zu leeren. Man führt seine Dame in den Saal zurück, reicht ihr die Hand (Handkuß siehe Ziffer 6.) und wünscht ihr "gesegnete Mahlzeit" oder kurz "Mahlzeit". Das Gleiche geschieht auch der Dame und dem Herrn des Hauses und in größerem oder geringerem Umfange den übrigen Personen gegenüber.

    Zum Aufbruch richtet man sich in der Regel nach älteren Gästen.



    8. Schriftlicher Verkehr

    Glückwunschschreiben an Vorgesetzte und zwar nur innerhalb des Regimentsverbandes finden nur in Ausnahmefällen statt, z. B. wenn die Familien des Vorgesetzten und des jungen Offiziers sehr befreundet sind, bei besonderen dienstlichen Beziehungen, wie als Adjutant, dann wenn der Offizier augenblicklich von seiner Truppe abwesend ist. In allen übrigen Fällen genügt der Glückwunsch des Offizierkorps. Glückwunschschreiben an höhere Vorgesetzte (Brigadekommandeur u.s.w.) sind für junge Offiziere nicht üblich.

    Fähnriche der Kriegsschule beglückwünschen Vorgesetzte nur innerhalb der Kompanie etc und nur, wenn sie zu diesen in näheren persönlichen Beziehungen stehen.

    Erhält man ein Glückwunschschreiben, eine Verlobungsanzeige u.s.w., muß man sofort darauf antworten.

    Für alle Glückwünsche, Danksagungen u.s.w. an Vorgesetzte wählt man weißes Briefpapier in großem Format. Telegramme sind nur statthaft, wenn man dem Vorgesetzten auch persönlich näher steht. An Kameraden ist das Telegramm, die Visitenkarte oder Postkarte (Ansichtskarte) die übliche Form des Glückwunsches oder der Danksagung.



    9. Geldwirtschaftliche Verhältnisse

    Der Offizier muß sich bestreben, mit seinen Mitteln auszukommen. Wer über seine Verhältnisse lebt und Schulden macht, gerät zu leicht in eine mißliche Lage, die ihm schließlich über den Kopf wächst und sein wie seiner Angehörigen Glück untergraben kann. Sehr nahe liegt dann die Gefahr, daß der in Not befindliche Offizier auf der Suche nach neuen Geldquellen oder nach einem Auswege aus seinen mißlichen Verhältnisen zu Mitteln greift, die sich mit den Ehrbegriffen des Offiziers nicht vereinbaren lassen.

    Ist ein Offizier mit oder ohne eigenes Verschulden in eine wirtschaftliche Notlage geraten und kann er bei seinen Angehörigen keine ausreichende Hilfe finden, so wende er sich vertrauensvoll an seinen Kommandeur.

    Er darf überzeugt sein, daß dieser alles daransetzen wird, um ihn aus seiner Lage zu befreien.

    Er vermeide es, Kameraden um Geld anzugehen. Schulden bei Kameraden schädigen leicht das gute kameradschaftliche Verhältnis.

    Vor allem hüte sich der Offizier vor sogenannten Geldverleihern, die fast ausnahmslos Wucherer sind. Sie bieten dem Bedürftigen in der liebenswürdigsten und anscheinend selbstlosesten Weise Geld an und treiben dann später die oft ins Unglaubliche gesteigerten Forderungen in erbarmungslosester Weise ein.

    Das Geschäftsgebahren dieser Sorte von Leuten ist gewöhnlich folgendes: Sie lassen sich für ein gewährtes Darlehen einen Wechsel oder einen Schuldschein ausstellen. Bei der Ausstellung eines solchen Schriftstücks wird der Geldsuchende gewöhnlich übervorteilt.

    Unerfahrene leichtsinnige Elemente unterschreiben den Wechsel ohne ihn genau auf den Inhalt geprüft zu haben, oder ohne zu überlegen, ob er damit Verbindlichkeiten übernimmt, die zu erfüllen er nicht im Stande ist.

    Des weiteren fordern derartige Geldverleiher unverhältnismäßig hohe Zinsen, die schon vor Empfang der erbetenen Darlehenssumme von dieser in Abzug gebracht werden; das gewährte Darlehen erreicht daher niemals die auf dem Wechsel angegebene Summe.

    Es kommt auch zuweilen vor, daß, wie Prozesse zeigen, an Geldesstatt mehr oder minder wertlose Gegenstände ausgehändigt werden, deren Verkaufserlös weit unter der beanspruchten Geldforderung steht.

    Eine weitere Bedingung, welche seitens der Geldverleiher gefordert wird, ist die Stellung eines Bürgen, an welchen, falls der Schuldner zur vereinbarten Zeit die Schuldsumme nicht zurückzahlen kann, die Zahlungspflicht mit übergeht. Der Bürge verpflichtet sich durch seine Unterschrift für sämtliche Schuldverbindlichkeiten, muß also auch dafür einstehen.

    Ist man selbst in günstigen Vermögensverhältnissen, so ist es edelmütig, einen in mißliche Lage geratenen Kameraden aus eigener Macht zu helfen, selbst wenn die Rückzahlung der geliehenen Summe sobald nicht zu erwarten ist.

    Gestatten dies die eigenen Vermögensverhältnisse nicht, so lasse man sich auch nicht durch die Berufung auf die Kameradschaft, durch in Aussicht gestellte spätere glänzende Verhältnisse des Geldbedürftigen zur Bürgschaftsleistung verleiten.

    Der Offizier verstößt keineswegs gegen die Kameradschaft, wenn er das Ersuchen eines anderen um Bürgschaftsleistung ablehnt. Soweit gehen die Pflichten der Kameradschaft nicht, daß man einem leichtsinnigen Kameraden zu Liebe seine eigenen, bisher geordeneten Verhältnisse in Unordnung bringt.

    Der Offizier handelt vielmehr kameradschaftlich, wenn er seinen Kameraden auf den einzig richtigen Weg verweist, d. i. die Hilfe seiner Vorgesetzten in Anspruch zu nehmen.

    Hat man überhaupt nicht die Mittel, um die Schuldsumme, für die man als Bürge stehen soll, eintretendenfalls zu bezahlen, so ist die Übernahme der Bürgschaft eine durchaus zu mißbilligende, mit den Ehrbegriffen des Offiziers nicht zu vereinbarende Handlungweise.




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    Der junge Offizier Empty Re: Der junge Offizier

    Beitrag von Husaren14 Fr Sep 14, 2012 9:03 pm

    Weil seine Majestät ein nobles und respectables corps officiers bei der armée haben wollen, so müssen

    1) sämtliche officiers zu einer sehr guten conduite angehalten werden, keine niederträchtige Streiche ausüben,
    und von dem Commandeur nicht gestattet werden, als Schulden machen und nicht bezahlen, sich dem Soff
    ergeben und eine schlechte conduite führen, liederliche Häuser und caffés frequentieren und dergleichen Sachen
    mehr, so einem officier ohngeziemend sind.
    Das Spielen wird denen officiers sowohl als Unteroffiziers und Gemeinen auf das schärffste verboten und weil
    sich dadurch viele officiers ruinieren und derangieren, so muß sehr darauf gehalten werden, daß solches nicht geschehe.

    2) Denen officiers muß nicht gestattet werden, mit gemeinen Leuten und Bürgern umzugehen, sondern sie müssen
    ihren Umgang immer mit höheren officiers und mit ihren cameraden, so sich gut conduisieren und ambitionen
    besitzen, haben. Wenn man siehet , daß officiers mit dergleichen Leuten Umgang haben, so ihnen nicht anständig
    und daß sie sich nicht corrigieren lassen und von selbigen abhalten lassen, so muß man suchen, solche Leute,
    indem sie niemals rechte ambitionen kriegen werden, vom Regiment zu schaffen und weil aus denen, welche
    ohne Lust dienen und keinen wahren Eifer zum Dienst bezeigen, nichts wird, so müssen solche officiers gemeldet
    werden, worauf sie ihren Abschied ohne große resistance bekommen können.

    Den 11. Mai 1763 Friedericus Rex


    von 10. Armeekorps

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